Let’s talk about Leistungsgesellschaft. Oder: klassische 40-Stunden-Woche kann ich nicht

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6. Februar 2019

 

Ich muss mich setzen. Also: Eigentlich sitze ich den ganzen Tag schon, seit Wochen, und vermutlich ist auch genau das das Problem. Mein Rücken macht sich bemerkbar, es zieht unangenehm die Wirbelsäule entlang und an den Seiten. 

Ich habe eine bleierne Müdigkeit in mir, meine Arme und Beine sind schwer, mein Kopf pocht und ich bin zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. 

Es ist 17 Uhr nachmittags an einem beliebigen Wochentag und ich arbeite derzeit 40 Stunden pro Woche. Offiziell. Rechnet man die kreative Arbeit mit ein, die ich brauche wie die Luft zum Atmen, komme ich ohne Mühe auf 60 Stunden und mehr. 

Ich Weichei, wo ist meine Luft? 

Ich merke, dass ich in der letzten Zeit auf die Rote Linie zusteuere, den Punkt, an dem ich nicht mehr kann. 

Wo der ist, weiß ich, weil ich ihn schon oft überschritten habe – das letzte Mal mit der gravierenden Folge eines Burn Outs, der mich monatelang aus dem normalen Leben katapultiert hat.

Seitdem liegt meine Belastbarkeits-Schwelle ohnehin niedriger, meine Resilienz hat deutlich abgenommen. Was nicht selten dazu führt, dass ich mir – zusammengenommen mit den langen Erholungsphasen, die ich nach sozialer Interaktion brauche – vorkomme wie ein Weichei. 

Das muss man doch schaffen können, dieanderenkönnenesdochauch, stell’ dich nicht so an. 

Diese ganzen internalisierten Stimmen vereinen sich in meinem Hinterkopf zu einer denkbar ungünstigen Über-Ich-Mischung und sorgen dafür, dass ich mich frage, wie ich als derart lädierte Person eigentlich mein Arbeitsleben auf die Kette kriegen will. 

Wovon ich dabei ganz selbstverständlich ausgehe: dem normalen Arbeitsleben. 40-Stunden-Woche. Bürojob. Wahrscheinlich mies bezahlt. Weil Geisteswissenschaften halt. Dass man mit Germanistik und Philosophie, gekoppelt mit ein bisschen Bildungswissenschaften und Lehrerfahrung nicht weit kommt, war mir von Anfang an klar. Ich hab’s trotzdem gemacht, Leidenschafts wegen. 

(Spoiler: Ich würde mich niemalsniemalsniemals anders entscheiden. Die persönliche Entwicklung im Studium wiegt jedes Geld der Welt auf.) 

Jetzt sitze ich hier und kriege keine Luft mehr.

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Manchmal habe ich das, dann überwältigt mich die nicht enden wollende Liste an To Dos, ich weiß nicht, wo anfangen und wo aufhören, und dann bekomme ich mental und eben auch physisch keine Luft und japse wie der Fisch auf dem Trockenen.

Man nennt das Hyperventilieren, ist mir dann irgendwann klargeworden. Vorher kannte ich das Phänomen höchstens aus Romanen und Filmen.

Ich sitze also da, in einer ruhigen Ecke und hyperventiliere vor mich hin, versuche, mit Atmenübungen meinen rasenden Körper zu beruhigen und denke gleichzeitig, was für eine absurde Situation das doch ist:

Dass ich und viele andere Menschen sich konstant an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bringen, weil sich das so gehört in der eben sogenannten Leistungsgesellschaft, weil hier nur zählt, wer arbeitet. Je mehr, desto besser.  

Hello, Nervenzusammenbruch!

Ich kriege mich ein, gehe schleppe mich nach Hause, sage mir, dass das heute halt ein anstrengender Tag war und morgen alles besser werden würde, obwohl ich diese schamlose Lüge sofort durchschaue und keine Sekunde glaube, dass hier irgendwas von selbst besser wird. 

Ein paar Wochen später weiß ich, dass ich recht habe. 

Wieder sitze ich, diesmal auf dem Bett. Es ist Samstagmittag und ich heule, gucke zur Decke, schaukle vor und zurück, skandiere ein halblautes Ichkannnichtmehrichkannnichtmehrichkannnichtmehr wie ein Mantra. 

Red border crossed, Nervenzusammenbruch. 

Schon wieder. 

Es dauert Tage, bis ich mich davon erholt habe. Körperlich, aber auch geistig. Die Minderwertigkeitsgedanken sind hartnäckig und kleben an mir, bitterer Honig, dicht gefolgt von den großen Sinnfragen. 

Warum mache ich das eigentlich? Wer zwingt mich dazu? Was will ich erreichen? Für wen mache ich das überhaupt? Geht es dabei um mich? 

Bin ich eigentlich komplett bescheuert, dass ich es einfach nicht lernen will? Woher kommt diese grandiose Lust an der Selbstausbeutung?

Und: Was ist falsch mit mir, dass ich das nicht hinbekomme mit diesem klassischen Arbeitsmodell? 

Es gibt Arbeit. Und es gibt Arbeit

Zunächst, das merke ich aber erst eine ganze Weile später: Mit mir ist gar nichts falsch. 

Prinzipiell schon einmal nicht. Aber auch bezogen auf meine (Nicht-)Widerstandsfähigkeit gegenüber einem 9-5-Tag (oder eher: einem 10-7-Tag). 

Denn: Es gibt viele Menschen, die ebenfalls ein Problem damit haben.

Nicht anders lassen sich die zahlreichen Diskussionen um Grundeinkommen, 3-und-4-Tage-Woche und der Boom des Freelancer-Tums erklären. Die Menschen suchen nach Lösungen. So wie bisher kann es nicht weitergehen, wollen wir als Gesellschaft nicht noch weitere Burn-Out-Patient*innen, noch mehr Menschen mit Depressionen und anderen Anzeichen für arbeitsbedingte Überforderung produzieren.

(Dass Depressionen nicht nur Arbeit als Ursache haben, versteht sich von selbst, möchte ich aber an dieser Stelle trotzdem noch einmal gesondert anmerken.) 

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Typus: People-Pleaser

Ein Grund für diese gehäuft auftretenden Krankheitsbilder wird sicherlich nicht nur die Menge der Arbeit, die bewältigt, die Anzahl der Stunden, die geleistet werden müssen, sein. Sondern auch die Art der Arbeit. 

  • 2008: 30% der Arbeitnehmer*innen sind unzufrieden in ihrem Job, so richtig zufrieden sind nur 13%. (Quelle)
  • 2015: 49% der Arbeitnehmer*innen sind unzufrieden, 45% wollen sich nach einem neuen Job umsehen. (Quelle
  • 2018: 50% der Angestellten sind unzufrieden in ihrem Job. (Quelle)

(Hinweis: Die Studien unterscheiden sich und werden je nach Design zu anderen Ergebnissen kommen. Darüber hinaus ist die letzte nur mit etwas mehr als 1000 Proband*innen durchgeführt worden.)

Menschen, die einen Job machen, der nicht zu ihnen passt oder den sie eigentlich gar nicht machen möchten, aber müssen, gibt es nicht zu knapp. Und natürlich kann auch das ein Faktor für Unzufriedenheit, ein gesteigertes Stress-Empfinden und demzufolge auch für einen ständigen Ermüdungszustand und Depressionen sein. 

Ich habe mittlerweile ein paar Berufe ausprobiert und gemerkt: Obwohl ich mich im Betrieb wohl gefühlt habe, mit den Menschen gut klargekommen bin und eigentlich auch das gemacht habe, was mir einigermaßen liegt und was ich mag – bin ich über kurz oder lang unzufrieden und unglücklich geworden. 

Das lag zum einen daran, dass ich bisher nicht in der Lage war, Grenzen zu setzen (das fängt schon bei 24/7-Erreichbarkeit an und hört bei anfallenden Zusatzaufgaben auf, die eigentlich nicht zum Job gehören) und dem klassischen People-Pleaser-Muster gefolgt bin, das da heißt: Bloß alle Menschen um dich herum glücklich machen. Und Kolleg*innen und Chef*innen macht man womit glücklich? Mit Einsatz, mit notfalls bis zur Selbstaufgabe reichendem Engagement. Natürlich. 

Und genug ist es so gut wie nie. 

In den seltensten Fällen wird jemand zu dir kommen und dir dein Engagement abschlagen oder verwehren – kommt es doch dem Unternehmen zugute. Aufpassen auf dich musst du schon selbst. 

Und lernen, dass Anerkennung nicht die ultimative Währung ist, auf die du dein Leben bauen kannst, auch. 

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Für die Selbstständigkeit gemacht? 

Ich bin der People Pleaser, wie er im Buche steht und daher prädestiniert für (nicht nur) arbeitsbedingten Overload. Bis mir das klar geworden ist, hat es einige unschöne Bauchlandungen gedauert. 

Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb ich persönlich mit dem klassischen 40-Stunden-Arbeitszeit-Modell – das ja auf der Grundlage einer Anstellung basiert – nicht umgehen kann. 

Ein paar weitere Gründe sind: 

  • Meine Introversion / Sensibilität macht den Kontakt mit Menschen sowieso tagesabhängig schwer/mitteleinfach/leicht. Meistens schwer. Wenn ich 5 von 7 Tagen in der Woche 8-10 Stunden Kontakt mit Menschen habe, bringt mich das – gelinde gesagt – an den Rand meiner Energiereserven. Es frisst mich auf und spuckt mich als leere Hülle wieder aus. Das Wochenende reicht längst nicht aus, um wieder aufzutanken. 
  • Mein soziales Leben ist – auch wegen Punkt 1 – gewissermaßen nicht existent. Ich beneide jede*n, der oder die nach einem Arbeitstag um 18/19 Uhr noch in der Lage ist, anständige Socializing-Skills an den Tag zu legen – ich bin es nicht und will nur nach Hause, egal, um wen es geht. Meistens schaffe ich es nicht einmal, noch zu telefonieren. 
  • Haushalt? Haha, guter Witz. Wäsche wasche ich im Schwere-Glieder-Delirium, gesaugt werden könnte auch wieder mal, Mülleimer quillen über, weil ich es echt nicht einsehe, meine halbwegs klaren Stunden am Wochenende auch noch dafür zu opfern. Das Problem: Chaos in der Wohnung sorgt bei mir automatisch für Chaos im Kopf. Keine gute Dauerschleife. 
  • Ich will was lernen. Und zwar über arbeitsnützliches Wissen hinaus. Wie geht Töpfern? Könnte ich nicht eigentlich mal eine neue Sportart ausprobieren? Was steht in diesem coolen Buch über Botanik? Überhaupt: Lesen. Zwischen Augenzufallen unter der Woche, hektischem Blättern in Bus und Bahn auf dem Weg zur Arbeit und wieder zurück und ein paar Seiten am Küchentisch (wenn ich extra früher dafür aufstehe), ziehen beängstigend wenig Textseiten unter meiner Nase vorbei. Dabei ist mein Leben so kurz und die Bücherliste so lang! Verdammt frustrierend. 
  • Ich will was erschaffen. Und zwar nicht nur für andere. Sondern für mich. Befriedigung daraus ziehen, dass das, wofür ich Zeit, Energie und Leidenschaft investiere, mich und meine Dinge irgendwie vorwärts bringt. Wenn ich woanders arbeite, bringen sie die Dinge von anderen Menschen vorwärts. Was nicht schlimm ist, im Gegenteil. Sich für mich aber irgendwie nicht richtig anfühlt und immer auch mit dem nagenden Gefühl der Ersetzbarkeit einhergeht. 
  • Eng damit verknüpft: Selbstverwirklichung, diese magische Bedingung für Arbeitszufriedenheit, ziehe ich persönlich nicht daraus, zu einem festgelegten Zeitpunkt irgendwo zu erscheinen (Pünktlichkeit zählt by the way nicht zu meinen Stärken), festgelegten Arbeitsabläufen zu folgen und dann wieder zu gehen (oftmals zu einem nicht festgelegten Zeitpunkt), repeat. Sondern daraus, flexibel zu sein, den Dingen nachzuspüren, die mich interessieren (leider sind Arbeitskorridore da meist nicht breit genug für) und – ganz wichtig – in dem Tempo arbeiten zu können, in dem ich mich wohl fühle. Ich habe schon immer viel kreativ gearbeitet und nichts ist mir verhasster als harte Deadlines und Aufgaben-Bombardement. Kreativität braucht Zeit. Punktendeaus. Das ist nicht diskutabel. Gute Ergebnisse brauchen Zeit. Ebenfalls nicht diskutabel. Manchmal braucht ein Text ein paar Stunden, manchmal Wochen oder Monate, bis er fertig wird. Eine Bild-Idee kommt nach der anderen oder eben auch erst fünf Wochen später. Zwischenzeitlich kann/darf/soll gerne was anderes gemacht werden und auch auf Selbstständigen-Basis (gerade hier!) ist Organisation nicht zu verachten. Dennoch gebe ich mir selbst den Ton vor – und das ist sowas von herrlich. 
  • Die Sinnfrage ist vielleicht einer der größten und wichtigsten Faktoren: Wenn ich nicht gerade bei Greenpeace oder so lande, werde ich sie mit in einem Angestellten-Verhältnis vermutlich noch lange verbinden: Jemandem etwas verkaufen? Ist das Konsum-Ankurbeln und kann ich das vor mir vertreten? Wissenschaftliche Abhandlungen, sind die nicht viel zu sehr Elfenbeinturm, wenn die Polkappen schmelzen (und ich ja nun einmal keine Klimaforscherin bin, sondern eher so Richtung Goethe, Schiller und Textinterpretation)? Wenn so vieles auf der Welt im Argen liegt – sollten wir da nicht alle ein bisschen aktivistischer werden? 

Meine Problemfelder hängen also nicht nur mit der investierten Arbeitszeit, sondern auch mit dem Faktor der (Vollzeit-)Anstellung zusammen. 

Egal, um wen oder was es sich handelte – bisher sind mir solche Modelle über kurz oder lang immer wie ein Käfig vorgekommen, der mich mental und physisch zu sehr in meinem Bewegungsradius eingeschränkt hat. 

Wie Kea so schön schreibt: 

Ich sehne mich danach, meinem eigenen Rhythmus von Kreativität folgen zu können.

Und wer jetzt sagt: Ja, bisschen Schwund ist halt immer, soll sie sich nicht so anstellen, die Mimose, frühersahdasallesganzandersaus, die jungen Leute wollen nicht mehr arbeiten, faules Pack – dem möchte ich in aufreizender Freundlichkeit entgegnen, dass vielleicht gerade diese Verdrängungseinstellung, gekoppelt mit dem wirtschaftswunderlichen Arbeiterethos, dazu geführt hat, dass wir an dieser Stelle ein kollektiv-gesellschaftliches Problem haben. Das sich nicht mit ein paar grob gekloppten Sprüchen wieder hinbiegen lässt. 

Und dass das Berücksichtigen einzelner Schicksale vielleicht, also so ganz eventuell, keine neumodische Marotte, keine revolutionäre Auffassung, sondern vielmehr Menschenselbstverständlichkeit sein sollte.

Ich habe das Gefühl, dass wir auch in diesem Lebensbereich – ähnlich, wie wir das mit dem Klimawandel-Ding machen – mit Augenbinde von der Klippe schlafwandeln. Und uns dann wundern, warum wir fallen. Wie hart der Aufschlag sein wird, wissen wir nicht – nur, dass die Klippe ziemlich hoch ist. 

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Weniger Arbeitszeit, mehr Leben

Was ich getan habe, um das Rad des ImmerwiedergegendieWandLaufens zumindest zeitweise anzuhalten? 

(Es vollkommen unterbrochen zu haben, das wage ich nicht zu denken.) 

Ich habe Arbeitszeit reduziert. Drastisch.

Im Moment arbeite ich nur noch 2 Tage die Woche in einem Nebenjob und konzentriere mich darüber hinaus darauf, Mehr als Grünzeug (und alles, was damit verbunden ist) zur Haupteinnahmequelle zu machen. 

Hier lauert dann natürlich auch wieder die Gefahr des Übernehmens, des Annehmens von zu vielen Anfragen, des Versackens in nie enden wollender E-Mail-und-Social-Media-Konversation. Wie das in der Selbstständigkeit nun einmal so ist, wenn Arbeit und Freizeit vollständig zu verschwimmen drohen und der eigene Ehrgeiz sich grenzenlos ausbreiten kann. 

(Wobei hier auch wieder die Frage wäre: Was will ich eigentlich erreichen? Warum? Und für wen?) 

Da bin ich längst nicht vor gefeit, hier muss ich aufpassen – das weiß ich, obwohl ich diese ganzen Achtsamkeit-Tipps und Digital-Detox-Regeln im Schlaf aufsagen kann. 

Die Praxis sieht anders aus. Immer. 

Einen sehr guten Artikel hat auch Frau Chefin dazu geschrieben: Selbstständigkeit ist nicht die rosarote Oase, als die irgendwelche Lifestyle-Coaches sie euch verkaufen wollen. Und 10.000 Euro im Monat verdient man damit auch nicht. Sie ist vor allem eines: harte Arbeit.

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Oh, Privilegien! 

Darüber hinaus ist mir – schmerzlich – bewusst, dass die Reduktion meiner Arbeitszeit ein extrem großes Privileg darstellt, eine Möglichkeit, die längst nicht allen Überarbeiteten da draußen offen ist. Das geht für mich, weil ich relativ bewusst konsumiere und meine Ausgaben sich in Grenzen halten. Weil ich keine Kinder zu versorgen und generell (noch?) wenig Verantwortung habe. Und weil ich mich (Schritt für Schritt, aber immerhin) traue, mir meine kreative Arbeit entsprechend vergüten zu lassen. 

Natürlich merke ich, dass weniger Geld auf dem Konto ist, dass gewisse Dinge, die sonst selbstverständlich waren, vielleicht jetzt erstmal warten müssen oder seltener genossen werden. Mich persönlich stört das im Moment nicht, da mir meine mentale Gesundheit wichtiger ist als ein fancy Lebensmittel, das ich gerne ausprobieren würde oder ein neues Paar Schuhe. 

Wünschen würde ich mir allerdings – so ganz gesamtgesellschaftlich betrachtet – dass wir als Individuen nicht wählen müssten zwischen mental gesund und einem okayen Kontostand. (Wobei selbst diese Wahl noch ein Privileg ist.) 

Für einige mag diese Waagschalen-Aufteilung aufgehen – für erschreckend viele ist das nicht der Fall.

Ich gehöre dazu. 

Damit ich in Zukunft unabhängiger schreiben und mich ein wenig freier von wechselhaften Aufträgen machen kann, könnt ihr mich auf Steady, einer Plattform für Kreative und Medienschaffende, mit einem monatlichen Beitrag unterstützen. Dafür reichen schon 2,50 Euro aus. Wenn das viele machen, kommt da einiges zusammen. Ich danke jedem und jeder herzlich für ihre*seine Unterstützung!

Anmerkung: Wichtig an dieser Thematik ist, die Begriffe Burn-Out, Depression und Stress nicht in einen Topf zu werfen bzw. synonym zu behandeln. Denn es sind keine Synonyme, sondern unterschiedliche Krankheiten (wobei Stress genau genommen keine Krankheit ist) mit z.T. ähnlichen Symptomen. Mehr dazu hier und hier.

Noch mehr gute Artikel zum Thema: Dieser hier von Kea und der hier von der ZEIT.

 

JENNI

Wanderin im Geiste, mit der Nase im nächsten Buch, nie so ganz zuhause und doch immer da.

KOMMENTARE

[…] auf die Leistung des Einzelnen ankomme, zu adressieren – also den Ist-Zustand zu beschreiben, den ich als nicht erstrebenswert erachte. Erst kürzlich ist mir aufgegangen, dass mein negativer Begriffsgebrauch eine Reaktion auf das […]

Hi Jenni,

vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag, auf den hoffentlich noch viele andere (so wie ich) zufällig stoßen. In meinem Fall ist es wohl der Wunsch nach Zugehörigkeit oder vielleicht Bestätigung … die Hoffnung nicht alleine mit solchen Gedanken zu sein. Du bringst viele Dinge auf den Punkt die mich seit meinem Berufseinstieg vor 4 Jahren (auch vorher schon … aber im Studium kann man sich eben mehr Pausen gönnen) umtreiben. Einer klassischen Akademikerfamilie entsprungen, in der sich die Gesprächsthemen an sich immer nur darum drehen wer wieder irgendwas tolles erreicht und geleistet hat habe ich mein ganzes bisheriges Leben bisher damit verschwendet, irgendwelche Ideale zu erfüllen und mich in diesen Leistungsgesellschaftskorsett zu zwingen, obwohl ich immer gespürt hab, dass sich eigentlich alles in mir dagegen wehrt. Im Studium brauchte ich meine Zeit dann eben auch, um diese Ganzen reize abzuschirmen und mich irgendwie immer wieder gerade zustellen. Social-Networking? Ne sorry heute nicht mehr.
Da steht man nun…. mit der bitteren Erkenntnis in den entscheidenden Entscheidungsmomenten “die sichere Variante” gewählt zu haben, weil man das eben so macht wenn man zu unreif ist sich vom Elternhaus und den Anforderungen loszusagen. Und nach meinen Burnout (Falls es einer war,,, keine Ahnung… Totalabsturz, nichts ging mir, halbes Jahr Klinik + anschließendes halbes Jahr um mich von der Klinik zu erholen) auch irgendwie nicht mehr so richtig in der Lage so richtig klar zu denken und einen Ausweg aus der miesere zu finden :/. Mimimi out.

P.S.: Du bist die erste Bloggerin (willst Du so genannt werden?:D) die ich verfolgen werde 🙂

Hi Tobi,
ich danke dir für deinen langen Kommentar und freue mich natürlich, dass du hier mitliest. 🙂

Ach, ich weiß gar nicht so richtig, was aktuell der passende Begriff für mich ist – ich schwanke irgendwo zwischen Journalistin, Bloggerin / “Influencerin” und glaube, alles trifft irgendwie auf mich zu – ich bediene ja sehr viele Themenfelder und das auch in unterschiedlicher Tiefe. Von daher, alles gut, mit dem Begriff liegst du auf jeden Fall richtig.

Es ist natürlich immer ein wenig schwierig mit Ferndiagnosen, aber das klingt für mich persönlich doch schon sehr nach Burnout, vor allem, weil sich das ja lange angekündigt zu haben scheint. Kenne ich ähnlich, wobei ich nicht in einer Klinik war, sondern mit Unterstützung im Privaten daran gearbeitet habe (auch interessant, dass so viel Vokabular mit “Arbeiten” zu tun hat, um Dinge zu legitimieren).

Ich kann die Sache mit dem Leistungsstreben auf jeden Fall sehr gut nachvollziehen – das ging mir ja sehr ähnlich und es wird ja auch an allen Ecke und Enden daran gearbeitet, dass man sich möglichst über Leistung, Abschlüsse und Haken auf der To-Do-Liste identifiziert. Ich habe dann in meiner “Burnout”-Phase (auch bei mir nicht offiziell diagnostiziert, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es einer war) dann Fragen gestellt, wie “Was ist mir wirklich wichtig im Leben?” und “Was will ich sehen, wenn ich im Alter auf meine Jugend zurückschaue?” Sicherlich nicht, dass ich mit Tunnelblick durch die Welt gerast bin und mich halb tot gearbeitet habe im Streben nach Anerkennung.

Dass ich mich dann auf die Suche nach Antworten machen konnte, hängt natürlich auch mit einer einigermaßen privilegierten Position zusammen -andere Menschen haben gar nicht den Luxus, sich solche Fragen überhaupt zu stellen bzw. dann auch entsprechend der Antworten zu handeln.

Was mir unter anderem auch sehr geholfen hat, war die Beschäftigung in einem Social Start-Up (ich bin frei beschäftigt, das war mir wichtig – aber mit Leuten zusammen, die oft ähnlich denken und falls nicht, mit denen man hervorragend diskutieren kann und die einen so nehmen, wie man ist). Und man hat nicht das Gefühl, sich und die eigenen Ideale quasi auf den Markt zu tragen und zu verkaufen. Vielleicht wäre das auch eine Idee für dich? Also, Arbeiten neu definieren? 🙂

Liebe Grüße und in jedem Fall viel persönlichen, weniger messbaren Erfolg!
Jenni

Hallo Jenni,
Denkst du nicht es ist illusorisch eine Selbstständigkeit als Bloggerin anzustreben?
Den wenigsten gelingt das. Und Werbeeinnahmen sind schwankend. Nicht dass zu viel Werbung die Leser vergrault auf lange Sicht.
Für mich klingt das nach einer ideologischen Bubble, die im schlimmsten Fall platzt wie eine Seifenblase.
Und was ist gegen feste Arbeitszeitrn einzuwenden? Sie geben Struktur. So weiß ich wann mein Tag beginnt, wie er verläuft und wann er endet.
Alles hat seine klare Struktur. Nicht zu wissen wie es die nächsten Tage wäre, das stelle ich mir furchtbar vor.
Es hat sicher Vorteile wie Freiheit. Doch verbunden mit sehr viel Risiko.
Risiken bieten aber keine Sicherheit. Eine 40 Stunden Woche bietet das sehr wohl.

Liebe Maria,
danke dir für deine Perspektive.
Die Unsicherheit, die du ansprichst, ist auf jeden Fall vorhanden und zuverlässiges Geldverdienen mit Bloggen ist sehr viel und sehr harte Arbeit.
Mittlerweile habe ich da ja auch ein bisschen mehr Erfahrung und meine Perspektive auch ein wenig angepasst: Ich möchte immer noch selbstständig sein und kann mir nichts anderes für mich vorstellen, arbeite aber auch immer mehr in Richtung Journalismus und sehe da, kombiniert mit Bloggen und “Influencer-Sein” meine Zukunft. Ich bewege mich aktuell im Schnittfeld und finde auch, man muss sich nicht immer unbedingt einer Schublade zuordnen.

Dass Sicherheit für dich wichtig ist, respektiere ich. Für mich stehen andere Dinge weiter oben – und um Absicherung kann ich mich ja selbst auch kümmern, auch wenn das natürlich immer auf einem anderen Level passiert als bei einem festen Angestelltenverhältnis.

Liebe Grüße
Jenni

Uuuh da muss ich nochmal nachlegen. Wie passend, dass Maria Dir Die Sicherheitsschiene vorkaut. Hör nicht auf Sie 😉 Mit dem stabilen Content und Deinem Stil wirst Du auf kurz oder lang davon Leben können. Bleib dran!

Danke dir für die lieben Worte und das Glauben an meine Arbeit! Das ist schön zu lesen!

Liebe Grüße
Jenni

Hallo Jenni,
vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe mich an vielen Stellen wiedergefunden und mit dir gefühlt. Es freut mich zu hören, dass du für dich eine gute Lösung gefunden hast.
Ich habe momentan das Problem, dass mein Arbeitgeber Teilzeit nicht zulässt oder wenn nur mit ärztlichen Attesten. Da ich mich all die Jahre (bis auf wenige Ausnahmen) jedoch immer brav zur Arbeit geschleppt habe, muss ich meinen Ärzten nun erstmal klar machen wie die Lage ist. Momenten habe ich mit meinem direkten Vorgesetzten zumindest vereinbaren können, dass ich Überstunden nehme und dadurch aktuell die Tage in der Woche reduziere, die ich zur Arbeit gehe – aber da ich noch etwa 30 Jahre zu arbeiten habe, sehe ich auch nur in einer Reduktion eine langfristige Lösung.
Ich wünsche dir alles Gute.
Kat

Hallo Kat,
ich danke dir für deine lieben Worte und das Teilen deiner Erfahrungen.
Ich hoffe und wünsche dir sehr, dass sich da auch langfristig für dich etwas hin zu einer Reduktion ändern kann, so wie das für dich am besten ist. Die Daumen sind jedenfalls stark gedrückt!

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Du beschreibst exakt, wie ich mich fühle. Obwohl ich jetzt seit 3 Jahren einen Job habe, mit dem ich mich identifizieren kann, bleibt dennoch meine Kreativität auf der Strecke. Obwohl es sinnvoll ist, was beruflich ich tue, ist es dennoch nicht so, wie wenn ich etwas selbst (er)schaffe. Den ganzen Tag, habe ich mit Leuten zu tun und abends und an den Wochenenden bin ich einfach platt. Von den Eltern kommt ein: “Das war halt schon immer so!” Doch das kann ich nicht akzeptieren. Man wird seit der Schulzeit, herangezüchtet, dass man ein perfektes Zahnrad im Gesellschafts-Getriebe wird und den eigenen Wert nur darin sieht. Und wehe, man kommt mit der Geschwindigkeit nicht mit. Im Bekanntenkreis, gab es zwei Fälle von Selbstmord, weil sich die frischgebackenen Rentner wertlos gefühlt haben und nichts mit sich anzufangen wussten, als sie plötzlich Zeit für sich hatten. Das hat mich schwer schockiert und seitdem ist mir klar, dass ich etwas ändern muss. Da ich glücklicherweise in einem Unternehmen arbeite, dass den Mitarbeitern flexible Teilzeitmodelle bietet, werde ich zuerst auf 90% und letztendlich auf 80% reduzieren. Ich hoffe, dass ich wieder zu mir finde und endlich in der Lage sein werde, meine 1000 Ideen umzusetzen, die mir ständig im Kopf herumschwirren. Ich bin froh, dass ich deinen Artikel gefunden habe und auch die Kommentare dazu. Ich bin nicht allein. 😀

Hallo Rena,
ich danke dir für das Teilen deiner Erfahrungen!
Das mit dem Zahnrad im Leistungsgesellschaftsgetriebe habe ich auch so wahrgenommen, muss ich sagen – und es ist interessant, wie stark dieses Motiv noch funktioniert, obwohl absehbar ist, dass die spätkapitalistische Leistungsgesellschaft so wahrscheinlich nicht mehr lange funktionieren wird und wir neue Lösungen für viele Probleme brauchen. Die Sache mit den Selbstmorden ist wirklich krass, schon allein beim Lesen. Ich wünsche dir sehr, dass du deine Zeit reduzieren kannst in einem Maße, das für dich gut ist und dann einen Weg findest, deinen zahlreichen Passionen nachzugehen. – Und nein: Du bist wahrlich nicht allein! 🙂

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Ich verstehe sehr gut wovon du sprichst.
So hatte ich damals Jobs mit gut 60 Wochenstunden im Durchschnitt. Und das für ein Gehalt, das gerade einmal so die Rechnungen deckte. Dann entschied ich mich eine neue Ausbildung zu machen und in die Pflege zu gehen. Nicht minder anspruchsvoll. Manchmal 12 Tage am Stück arbeiten, im Wechsel zwischen Früh- und Spätdienst und dazu noch dazwischen lernen für Prüfungen. Einspringen an den 4 oder 5 wenigen freien Tagen, wenn Kollegen krank waren. Und das über drei Jahre hinweg. Dazu weniger Lohn.
Heute sind es 70 Prozent und auch nicht minder anstrengend. Körperlich sowie psychisch. Dafür der Luxus auch kürzer treten zu können, weniger zu arbeiten.

In jedem Beruf sind Erwartungen an einen geknüpft. Doch irgendwo ist man auch selbst für sein Wohlbefinden verantwortlich, sodass man nicht alles auf die Leistungsgesellschaft alleine schieben kann.
Das sehe ich auch sehr oft, dass Menschen durchaus Nein sagen könnten, es aber aus Gründen selbst auferlegten Nicht-Dürfens nicht tun. Nur um dann sich zu beklagen, dass sie ihre wenige Zeit opfern müssen, es ihnen gesundheitlich nicht gut geht.
Das Schlüsselwort heißt u.a. auch Selbstpflege. Das kann kein Arbeitgeber für einen übernehmen. Und auch nicht jder ist in der Position aus oberster Etage so unter Druck gesetzt zu werden Angst vor einer möglichen Kündigung zu haben.
Viele Leistungsoritentierte Menschen setzen sich an gewissen Punkten auch oft selbst unnötig unter Druck.
Hierbei muss man abwägen was selbst gemacht ist und was tatsächlich die Erwartung anderer, der Gesellschaft ist.

Leicht ist es jedenfalls nie.

Liebe Cordula,
ich danke dir für deinen reflektierten Kommentar und bin da auf jeden Fall bei dir: Alles auf die Gesellschaft kann man nicht abwälzen, es gibt auch Probleme und Gefühle, die zu einem gewissen Grad selbstverursacht sind und bei denen es müßig ist, die Schuld außen zu suchen.
Inwiefern das bei einem selbst zutreffend ist oder nicht, kann man wahrscheinlich fast nur selbst beantworten.
Und gerade das Sehen der eigenen Grenzen ist eine Sache, die absolut nicht einfach ist. Vielleicht auch wieder deshalb, weil andauernd von außen gefordert wird, dass man darüber hinausgeht und man dann denkt, das seien eben die normalen Standards, an denen alle gemessen werden und bei denen man mithalten muss. Ganz abgekoppelt von gesellschaftlichen Faktoren funktionieren wir alle ja auch wieder nicht.
Das ist eine komplizierte Kiste und sicherlich auch für jede*n von uns unterschiedlich.

Liebe Grüße
Jenni

Liebe Jenni, ich bin da wirklich sehr bei dir. Wir sind uns in vielerlei Hinsicht ähnlich, wie wir ja auch schon festgestellt haben 🙂 Als HSP kann Mensch es nicht ertragen, ständig andere um sich herum zu haben, Lärm, Stress, … Das kostet so viel Kraft und Energie, das zehrt an den Nerven. Davon abgesehen halte ich grundsätzlich die 40+ Stunden Woche für falsch. Kein Mensch ist heutzutage 40 Stunden und mehr produktiv. Zahlreiche Studien ergeben das. Ich denke, früher oder später müssen wir zur 35 Stunden Woche als Standard kommen, denn ich kenne niemand, der*die mit so viel Arbeit zufrieden und bis 65+ belastbar ist. Jede*r möchte Zeit für Hobbies, Familie, Kreativität, Ausruhen. Das kommt auch daher, dass unsere Arbeit immer effizienter wird. Früher haben die Menschen auch einfach langsamer gearbeitet. 10 Stunden am Tag Sitzen und auf einen Bildschirm starren und sich dabei im Kopf stark konzentrieren müssen ist zwar auf den ersten Blick “leichter” als in einer Fabrik zu arbeiten, laugt einen Mensch aber ebenso aus! Ich weiss es, weil ich beides schon gemacht habe.
Den “Sinn” in der Arbeit suchen, hm. Da bin ich auch ein bisschen zwiegespalten. Ich arbeite ja für eine NGO und das ist mir superwichtig, auch wenn ich eher schlecht verdiene (wenn man meine Ausbildung und persönlichen Input einbezieht). Aber im kommerziellen Sektor war ich richtig unglücklich. Da habe ich diverse Jobs durch und irgendwie brauche ich etwas, hinter dem ich mit meinen persönlichen Überzeugungen stehen kann. Trotzdem ist mein Job nicht mein Leben. Ich will mich nicht ausschließlich darüber definieren. Ich bin mehr als mein Job. Beruflicher Erfolg, Karriere, Angeben mit dem “richtigen”, für mich perfekten Job, das mag ich nicht. Und ich finde das darf auch nicht das Ziel sein. Friseur*in, Krankenpfleger*in oder Architekt*in – alles wichtig. Und eventuell nicht alles gleich “erfüllend” oder mit sozialem Kapital aufgeladen. Wir übertreiben es in unserer Generation mit Prestige und Jobzuschreibungen. Jeder Job kann glücklich machen, wenn die Rahmenbedingungen passen! Nette Kollegen, genug Zeit für sich selbst, Wertschätzung im Job, gute Arbeitsbedingungen wie höhenverstellbare Tische oder andere Tools (Exoskelett für Menschen, die viel heben müssen). Wieso darf man auf manche Jobs stolz sein und andere haben kein Ansehen? Diese ewige Sinnsuche im Job, damit man sagen kann “ich hab DEN richtigen Job für mich gefunden” mag ich irgendwie auch nicht mehr hören. Gleichzeitig kenne ich aber eben das Gefühl, nichts sinnvolles zu leisten. Es ist ein schwieriges Thema.
Ich hoffe sehr, dass deine Selbstständigkeit klappt. Dass du Partner findest, die auch bereit sind, für kreative Arbeit zu bezahlen. Die wertschätzend arbeiten. Für mich wäre das nie eine Option, weil ich mich in der Selbstständigkeit erst recht komplett aufgeben würde. Ich würde 24/7 arbeiten und hätte immer die Angst im Nacken. Würde mir keinen Urlaub gönnen, keine Freizeit. Mein schlechtes Gewissen würde mich triggern. Aber Menschen sind verschieden und die Beweggründe, selbstständig zu werden, kann ich gut nachvollziehen. Es hat alles seine positiven und negativen Seiten. Jedenfalls hoffe ich, du findest deinen Weg und deine Glück.
Alles Liebe,
Ela

Liebe Ela,
ich danke dir für deinen ausführlichen und reflektierten Kommentar und kann alles, was du schreibst, total gut nachvollziehen und nachempfinden.
Ich glaube, dass du mit der Definition über den Job einen sehr, sehr wichtigen Punkt ansprichst, den ich im Text nicht stark genug gemacht habe: Wir sind definitiv mehr als unsere Jobs. Gerade in Verbindung mit einer Selbstständigkeit ist das mega wichtig, aber natürlich auch im Angestellten-Verhältnis. Und du hast recht: Es ist echt eine schwierige Kiste und jede*r beantwortet die Frage, wie weit die Sinnsuche innerhalb des Jobs gehen soll / kann / darf, für sich anders.
Ich selbst habe da für mich auch noch nicht die perfekte Antwort gefunden und bin immer noch auf der Suche bzw. am Anpassen. Vielleicht wird sich das auch niemals ändern, ich weiß es nicht genau.
Danke dir jedenfalls für deine guten Anregungen und deine lieben Wünsche – die ich dir genauso zurückgeben kann!

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Wow, was für ein toller Artikel! Danke dir dafür. Obwohl ich meinen Job liebe und sozusagen meine Berufung (schreiben) lebe, bin ich unzufrieden. Zu wenig Gehalt, zu viel unbezahlte Überstunden und genau was du sagst, diese Erwartungshaltung an die Aufopferung für die Arbeitgeber. Und ich bin auch abends immer so erschöpft, dass ich meine vielen Interessen und Bücher einfach nicht leben kann. Und auch nicht mein aktivistischen Engagement für den Klimaschutz, wo ich mich so gerne mehr einbringen will. Leider kommt derzeit keine Selbständigkeit für mich in Frage. Aber mit Kollegen verbünden und wehren wäre ja schon mal ein Anfang. Und mehr Gehalt, damit ich weniger arbeiten kann. :*

Liebe Julia,
ich danke dir für deine liebe Rückmeldung!
Deinen Zwiespalt kann ich sehr gut nachvollziehen – die Lösungen, wie man mit diesem Problem umgeht, sind so individuell wie jede*r von uns.
Ich hoffe, du findest einen Weg, der dich zufrieden macht, auch wenn der vielleicht zunächst aus Kompromissen besteht. Und dann später einer ist, der noch besser zu dir passt. 🙂

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Wow. Dein Blogpost hat mich zu Tränen gerührt. Weil es mir ganz genauso erging. Wenige Wochen nach dem Beginn meines ersten Angestellten-Jobs habe ich mich genauso gefühlt: Überarbeitet, Alleingelassen und Überfordert. Nich weil ich die Aufgaben nicht lösen und erledigen konnte. Fachlich (und von außen betrachtet) war ich super in meinem Job (das haben mir viele Menschen, Kollegen usw bestätigt). Aber ich selber habe mich gefühlt wie in einem Käfig. Alleingelassen. Kam nie zur Ruhe und konnte nicht abschalten. Vor wenigen Wochen habe ich dann endlich den Schlussstrich gezogen und mich selbstständig gemacht. Ich wusste schon im Studium, dass ich eigentlich lieber selbstständig arbeiten möchte, als eingesperrt in ein Büro. Ich habs gewagt und ich liebe es. Ich bin glücklicher als je zuvor. Auch wenn ich als Selbstständige mehr arbeite als als Angestellte. Für mich ist das keine Arbeit mehr sondern Leidenschaft und Freude!
Danke, dass du darüber schreibst. Einen letzten Satz muss ich noch loswerden: Du bist nicht alleine mit diesem “Problem”. Wir sind wahrscheinlich mehr als wir denken.
Liebe Grüße, Christine

Liebe Christine,
ich danke dir für deine lieben Worte und das Teilen deiner eigenen Erfahrungen.
Und ich freue mich riesig zu lesen, dass du für dich in der Selbstständigkeit eine Möglichkeit gefunden hast, dem Ganzen zu begegnen und glücklich zu werden!
Das ist wirklich das Beste, was einem passieren kann – es ist nur so schade, dass der Weg dahin meist so steinig und anstrengend ist und man so lange hadern und zögern und – ja irgendwie auch: leiden muss.
Danke dir auch für deinen letzten Satz – der ist immens wichtig und ich denke, dass du recht hast: Es sind sehr, sehr viele Menschen, die unter dem aktuell vorherrschenden Modell leiden und sich ein besseres Leben wünschen.
Das sollte uns zu denken geben und zum Handeln anregen.

Liebe Grüße an dich!
Jenni

If only more people were able to express such a distress….
Many many thanks for posting this.

Dear Corentine,
thanks so much for this feedback!

Liebe Jenni,
ich danke dir von Herzen für diesen Beitrag (bei dem ich tatsächlich ein, zwei Tränchen der Zustimmung verdrückt habe).

Mir geht es zu 100% genauso wie du es hier beschreibst.
Sehr oft frage ich mich was ich anders mache als “alle Anderen”, warum ich im 40h-Arbeitstumult (übrigens auch bei 30h) physisch und psychisch untergehe und was der Arbeitsmarkt nach meinem Studienabschluss wohl für Jemanden wie mich bereit halten wird.

Selten konnte ich einem Beitrag auf emotionaler Ebene so viel abgewinnen wie diesem hier, einfach weil es mich so gut beschreibt und ich endlich das Gefühl habe damit nicht alleine zu sein.

Leider finde ich es sehr bedenklich, dass bereits die Gedanken an die Zukunft in einem “normalen” Job solche Angstgefühle auslösen, die fast jetzt schon den Charakter eines Vor-Burnouts haben.

Höchste Zeit sich um Alternativen Gedanken zu machen.

Was bleibt: Der Wunsch nach Selbstständigkeit. In der Realität leider alles Andere als einfach.

Ich wünsche dir unendlich viel Erfolg und inneren Frieden bei deiner weiteren Arbeit!

Liebste Grüße
Katrin

Liebe Katrin,
ich danke dir für dein ehrliches Feedback zum Artikel und freue mich sehr, dass du dich ein wenig darin wiederfinden bzw. ich ein wenig von deiner Gefühls- und Gedankenwelt beschreiben konnte. Das ist mir wirklich ein Anliegen.
Deine Überlegungen kann ich sehr gut nachvollziehen, die Sache mit den alternativen Modellen und der Selbstständigkeit ist wirklich alles andere als einfach und birgt ihre eigenen Tücken.
Ich bin sehr gespannt, wohin es dich verschlagen wird und hoffe sehr, dass du auf deinem Weg glücklich werden wirst!

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Liebe Jenni,
in meinem Kopf wirbeln dazu auch gerade viele Gedanken umher und ich kann deinen Beitrag sehr gut nachvollziehen! Ich finde es toll, dass du die für dich aktuell richtige Mischung gefunden hast! Ich arbeite seit nun 10 Jahren Vollzeit, was bei meiner aktuellen Stelle eine 37,5h Woche bedeutet. Mit Tarifvertrag, Überstundenausgleich, ganz gutem Gehalt und tollen Kollegen. Nach sechs Jahren in einer Position dann letztes Jahr ein interner Wechsel mit neuen Herausforderungen, tollen Projekten, vielen Geschäftsreisen aber auch Stress. Kombiniert mit einem privaten Ausnahmezustand, der Trauer um meine Mutter ein Jahr, das mich energietechnisch an meine Grenzen gebracht hat und ich das erste Mal körperliche Symptome hatte, die mich gewarnt haben. Auch immer wieder die Überlegung in den letzten Jahren, auch mal mehr Zeit fürs Bloggen und Schreiben zu haben, ich habe immer gezaudert – daher finde ich es toll, dass du das dir so aufbaust. Ich bin da echt so zwiegespalten, will einerseits Anerkennung und Spaß im Job, andererseits mag ich alternative Lebensmodelle auch und drittens ist da noch die gesellschaftliche Komponente, dass doch immer die Frauen die sind, die idealistischer sind und am Ende aber weniger in der Tasche haben. Mir ist es sehr wichtig, dass ich auf eigenen Füßen mit eigener Altervorsorge stehen kann, unabhängig von Partner oder Eltern. Und dann steht da ja auch noch im Raum, ob man doch noch die Familienplanung angeht, oder es lässt. Ich glaube ein gesunder Weg ist immer zu Refklektieren, was brauche ich im Moment und wohin geht die Reise als nächstes, beziehungsweise was kann oder möchte ich kurzfristig ändern. Bei uns gibt es in der Firma die Möglichkeit ein Sabbatical zu machen, auch eine Möglichkeit die ich in Erwägung ziehe… Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und Zufriedenheit auf deinem Weg! LG *thea

Liebe Thea,
ich danke dir für dein ausführliches Feedback zum Artikel und für deine ehrlichen Erfahrungen.
Diese ganzen Gedanken, die du ansprichst, schwirren mir auch im Kopf herum und ich muss sagen, dass ich auch noch nicht auf alle Fragen eine abschließende Lösung gefunden habe, die mich zufriedenstellt. Manche Themen – gerade das Finanzielle – müssen sich noch ergeben und da ist auch von meiner Seite aus noch viel zu lernen und auszuprobieren, da bin ich ganz ehrlich. Gerade den Punkt mit der Unabhängigkeit finde ich persönlich auch sehr wichtig.
Das mit dem Sabbatical klingt wirklich sehr gut – vielleicht ist das eine Möglichkeit, noch einmal genauer herauszufinden, was man wirklich möchte und wo es in der nächsten Zeit hingehen soll…
Ich wünsche dir jedenfalls nur das Beste!

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Ich kann das so gut nachvollziehen. Wenn ich sage, ich glaube ich bin für eine typische 40-Stunden-Woche nicht gemacht, wurde ich bisher immer belächelt. Gerade am Dienstag habe ich meinen unbefristeten Vertrag gekündigt, weil die Arbeit mich nicht mehr glücklich macht, weil ich motivierte Menschen um mich brauche, die begeistert sind oder sich begeistern lassen. Und weil ich, wie du, selbst etwas schaffen will, das einen Beitrag leistet. Zu einem Thema, das mir wichtig ist.

Danke für diesen Artikel. Es tut gut zu wissen, dass man mit diesen Gedanken/Gefühlen nicht alleine ist.

Liebe Anne,
ich danke dir für dein Feedback und freue mich sehr, dass du eine Entscheidung getroffen hast, die sich gut für dich anfühlt und dich hoffentlich glücklich machen wird.
Ich freue mich, wenn wir öfter über solche Dinge sprechen – ich habe das Gefühl, da ist durchaus Bedarf vorhanden.

Liebe Grüße und alles Gute dir weiterhin auf deinem beruflichen Weg!
Jenni

Ohh so viele wahre Worte! Seit meinem Burnout – den ich schon während meines Medizin Studiums hatte- Stelle ich auch alles in Frage. Wie hoch ist der Preis den ich bereit bin zu zahlen um mich in das System einzupassen. Ich glaube ich habe schon mehr bezahlt als ich kann und möchte. Vielen Dank für diese tollen Worte zu einem so so wichtigen Thema !

Liebe Jana,
ich danke dir für deine lieben Worte und freue mich sehr, dass der Artikel dir so gut gefallen hat!
Ich finde es so Wahnsinn, dass viele von uns ihren ersten Burn Out schon im Studium haben – das sollte wirklich nicht sein und zeigt, dass irgendwie ganz schön viel schiefläuft im Moment…
Ich hoffe, dir geht es mittlerweile wieder besser und dass das auch so bleibt und du deinen Weg findest!

Liebe Grüße
Jenni

Toller Artikel, bei dem ich mich in vielem wiederfinde. Was ich für schwierig halte, ist, dass man in einer Partnerschaft lebend immer auch bedenken muss, dass die eigene Entscheidung weniger arbeiten zu wollen, somit weniger Geld zur Verfügung zu haben, ja auch immer den Partner betrifft, der dadurch eventuell “zurückstecken” muss.

Liebe Daniela,
da hast du absolut recht!
Danke dir für diese wichtige Ergänzung.

Liebe Grüße
Jenni

Liebe Jenni,
danke für diese ausführliche und umfassende Darstellung, die einerseits in deiner persönlichen Perspektive bleibt, aber eben auch ganz Allgemeines nennt und belegt. Ich finde den Artikel sehr gut aufgebaut und mit Zahlen angereichert! Das Einzige, was mir am Ende gefehlt hat, war vielleicht ein Hinweis auf die Finanzierung durch Steady? Ganz allgemein zu diesem alternativen Einkommensmodell für Medienmacher, aber auch in Bezug auf genau deine Arbeit an diesem Blog und allem, was dazugehört. Falls sich das für dich irgendwie komisch anfühlt, will ich dir sagen, dass ich total hinter dem Modell stehe, weil es eine unabhängige Option ist, die du mit diesem Artikel noch einmal perfekt hergeleitet hast.
xx Sabine

Liebe Sabine,
ich danke dir für diese kluge Ergänzung, die ich auch umgehend vorgenommen habe!
Da hätte ich aber auch echt selbst drauf kommen können! 😀

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Ach ich verstehe dich so gut! Als mein Mann Student war habe ich Vollzeit in einem körperlich sehr anstrengenden Job gearbeitet und dazu noch gependelt und verschiedene Schichten gehabt. Und das Geld hat immer grade so gereicht. Es war unfassbar anstregend. Zudem war ich Samstags oft arbeiten und nach der Arbeit so fertig, dass für Familie und Freunde keine Kraft mehr da war. Zum Glück hat mein Mann den Haushalt geschmissen.
Dann habe ich 1 Jahr lang einen 450 Euro Job gehabt. Mein Mann hat da seinen Job angefangen. Das erste halbe Jahr hab ich es geliebt. So viel Zeit! Aber dann wurde mir selbst das zum Druck. Ich hatte keine Struktur mehr. Das war gar nicht gut für mich. Jetzt arbeite ich in Teilzeit mit einem kurzen Arbeitsweg und mache an der Arbeit etwas das ich liebe: Schreiben. So ist es für mich wirklich perfekt und ich genieße es sehr. Ohne meinen Mann könnte ich so allerdings nicht leben. Wohnung, Auto und Lebensmittel könnte ich mir nur schwer leisten. Aber Gott sei dank lieben wir beide unsere Jobs und sind total zufrieden.

Liebe Lary,
ich danke dir für deinen ausführlichen und ehrlichen Kommentar!
Ich kann total gut nachvollziehen, dass sowohl das eine als auch das andere Modell nicht unbedingt ideal für dich war. Gerade den Aspekt der Unstrukturiertheit, wenn man dann doch mehr Zeit hat oder die Möglichkeit besitzt, alles freier zu planen, darf nicht unterschätzt werden. Damit struggle ich nach wie vor auch immer mal wieder, da bin ich ganz ehrlich.
Nichts ist perfekt und für jede*n von uns sind andere Wege geeignet – und auch die können sich im Laufe der Zeit wieder ändern.
Ich freue mich jedenfalls sehr, dass du jetzt glücklich zu sein und den deinen gefunden zu haben scheinst! 🙂

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Liebe Jenni,
wirklich ein gut geschriebener Artikel : )
Es freut mich für dich, dass du dein Pensum als Angestellte reduzieren konntest und wünsche dir weiterhin viel Erfolg mit deinem Blog.
Ich selbst würde jedem empfehlen, ein bisschen Abstand von dieser angenommenen Selbstverständlichkeit der Vollzeit Arbeit zu nehmen. Meine erste Stelle nach dem Studium hatte eine Regelarbeitszeit von 42,5 Stunden (Schweiz), was wirklich hart für mich war. Jetzt arbeite ich 35 Wochenstunden und hab viel mehr Lebensqualität : ) Wenn es finanziell irgendwie geht, finde ich das wirklich eine gute Lösung.

Viele Grüße,
Lisa

Liebe Lisa,
ich danke dir für deine lieben Worte und freue mich sehr, dass dir der Artikel so gut gefallen hat!
Danke dir auch für deinen Rat – ich glaube, es ist wirklich ratsam, sich zu überlegen, ob eine 40-Stunden- oder gar eine 40+-Stunden-Woche so eine gute Idee für uns ist. Wenn man damit zurechtkommt bzw. das Modell gerne mag, ist alles prima, aber ich bin auch dafür, dass gerne andere Wege erkundet werden dürfen, sofern das möglich ist.

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Meine Liebe, du hast es bereits geahnt: Ich habe mich total in deinen Worten wiedererkannt. Mit der “mental gesund oder okayer Kontostand”-Frage hast du es genau auf den Punkt getroffen. Und interessanterweise beobachte ich diese Problematik nicht nur bei mir, sondern momentan auch ganz akut bei meinen Eltern. Es betrifft also tatsächlich nicht nur die “faulen Millenials” und es ist schockierend, dass das Bewusstsein für diesen gesellschaftlichen Zustand nicht schon viel, viel weiter reicht.
Von daher sind Menschen, die sich dazu äußern, so wie du es tust, unfassbar wichtig. Danke für deine Offenheit und deinen Mut, deine Erfahrungen so ehrlich öffentlich zu teilen. <3

Meine liebe Natalie,
ach, ich wusste, du würdest alles nachvollziehen können, was ich in den Beitrag gepackt habe!
Spannend aber, dass du diesen Zwiespalt von Geld und mentaler Gesundheit auch bei deinen Eltern beobachtest – oder besser gesagt: traurig. Ich hoffe auch sehr, dass sich das Bewusstsein für diese Dinge noch sehr viel mehr vergrößert, irgendwie sind wir ja alle betroffen, auf die ein oder andere Weise. Nur können wir es im hektischen Alltag so wunderbar verdrängen…
Danke dir für deine motivierenden Worte, mein Herz!
Jenni

Liebe Jenni,
ich kann sehr gut nachvollziehen wovon du sprichst. Wenn man die Ausbildung mitrechnet, arbeite ich jetzt seit 10 Jahren in Vollzeit. So rückblickend wird mir erst jetzt bewusst, wie viel ich in der Zeit versucht habe, um aus der üblichen 40-Stunden-Woche (okay, bei uns sind es standardmäßig “nur” 39) auszubrechen. Ich hab mich immer wieder auf neue Stellen beworben, weil ich unterfordert war, mir die Sinnhaftigkeit gefehlt hat, ich zu wenig Menschenkontakt hatte oder zu viel oder weil ich schlichtweg keinen Zugang zum Aufgabengebiet gefunden habe. Ich hab Nebenjobs zusätzlich zur Vollzeitarbeit angefangen, um mich selbst verwirklichen zu können. Hab sie dann wieder aufgegeben, weil der zusätzliche Zeitaufwand so im Gegensatz zu meiner Introvertiertheit stand.
Einmal hatte ich auch einen Nervenzusammenbruch, wo mir dann klar wurde: Du stehst kurz vorm Burnout. Yay! (In unserer Leistungsgesellschaft scheint das ja oftmals das erstrebenswerte Qualitätsetikett zu sein). Von da an hab ich aber die Notbremse gezogen, die Stelle ein weiteres Mal gewechselt und fortan eine gepflegte Ich-mach-meinen-Kram-und-alles-andere-ist-mir-scheißegal-Mentalität entwickelt. Von meinen extrovertierten Workaholic-Kollegen lass ich mich längst nicht mehr beeindrucken. Ich hab ständig Minusstunden. Letztes Jahr war ich dann drei Monate auf großer Reise durch Südostasien, bin wiedergekommen und hab meinen Chef um Teilzeitarbeit gebeten. Jetzt arbeite ich seit dieser Woche nur noch vier Tage die Woche und hab endlich mehr Zeit für Bücher, lange Spaziergänge und das Schreiben.
Natürlich muss man sich sowas auch finanziell leisten können. Aber ich mach das jetzt so lange es geht. Und sollte der letzte Notgroschen aufgebraucht sein, suche ich mir lieber einen Nebenjob, der ein guter Ausgleich zum ständigen Sitzen im Büro ist (ich geh mittlerweile sogar schon freiwillig mit den Rauchern nach draußen, um wenigstens ein Mindestmaß an Bewegung zu kriegen).
Ich wünsch dir alles Gute für deine berufliche Zukunft. Manchmal braucht es eine Zeit lang bis man den richtigen Weg für sich findet, aber ich denke, da bist du hast da schon einen sehr guten für dich gefunden 🙂
Alles Liebe
Mona

Liebe Mona,
ich danke dir für deinen ausführlichen Kommentar und dafür, dass du deine persönlichen Erfahrungen hier teilst.
Ich freue mich sehr, dass du nach einer scheinbar sehr langen, sehr anstrengenden Phase einen Weg gefunden hast, der für dich jetzt gerade der richtige ist. Das herauszufinden (und dabei ehrlich zu sich zu sein), ist wirklich nicht so einfach und ich ziehe meinen Hut vor jedem und jeder, der*die das schafft. Es ist toll zu lesen, dass du für dich eine Lösung gefunden hast und dich ein wenig von dem Workaholic-Dasein befreien konntest. So wie du schreibst, liest man richtig die Erleichterung heraus!
Danke dir für deine lieben Wünsche! Für mich fühlt sich das derzeit auch sehr richtig an und ich schaue mal, wo ich ankommen werde. Ob ich überhaupt ankommen werde (und das möchte). 🙂

Liebe Grüße an dich!
Jenni

Mental gesund oder Geld auf dem Konto: das erscheint mir als die Quintessenz des Problems. Es steckt sehr viel wahres im Artikel.

Liebe Karin,
danke dir für deinen Kommentar – freut mich, dass der Artikel dir gefallen hat!

Liebe Grüße
Jenni

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