Alverde und Alterra: Naturkosmetik-Dilemma

  /  
9. September 2015

Heute habe ich einen ersten Eintrag über vegane Kosmetik für euch. Ich muss zugeben – den Weg durch den Dschungel an kryptischen Kennzeichnungen, falschen Siegeln und massenweise tierversuchs-behafteten Produkten zu finden, ist als Neueinsteigerin gar nicht so leicht. Aber ich bin hoffnungsfroh.

Natürlich bin ich relativ zügig auf die Eigenmarken von dm und Rossmann gestoßen – Alverde bzw. Alterra. Beide haben mittlerweile ein breites Spektrum an Angeboten, die den veganen Kosmetikbedarf reichlich abdecken – so zumindest der erste Eindruck. Es kann sein, dass ich im Laufe der Zeit eines Besseren belehrt werde.

Recherche

Sind diese beiden Marken wirklich vegan? Also, so richtig – ohne Tierversuche und ohne tierische Inhaltsstoffe? Und da bin ich relativ schnell auf eine umfassende Diskussion gestoßen, die mich bis heute stark beschäftigt: Beide Marken – sowohl Alverde als auch Alterra – produzieren nach Angaben von Animal’s Liberty in den Dalli-Werken (unter anderem Hersteller von Waschmittel), die nachgewiesenermaßen Tierversuche durchführen. Alterra und Alverde hingegen führen selbst keine Tierversuche durch, da sie nur bereits bekannte (und möglichst natürliche) Inhaltstoffe verwenden, die nicht an Tieren getestet werden.

Jetzt stand ich natürlich vor einem Dilemma: Unterstütze ich mit dem Kauf von Kosmetikmarken – auch wenn sie die Vegan-Blume tragen und zertifizierte Naturkosmetik sind -, die in großen Werken zusammen mit Tierversuche-betreibenden Firmen produzieren, die Ausbeutung von Tieren? Ist das also nicht vegan?

Diese Frage setzte wiederum eine umfassende Recherchearbeit in Gang. Im Zuge dieser musste ich irgendwann auf den tollen Blog von Erbse stoßen. Sie hat wirklich detaillierte Informationsarbeit geleistet und unter anderem bei Alterra und Alverde selbst schriftlich um eine Reaktion auf den Vorwurf bezüglich der Dalli-Werke gebeten. Am Ende der Recherche stand die Bewertung beider Marken auf der grünen (der “guten”) Seite der von Erbse angefertigten Liste über vegane Kosmetik. Das Vertrauen in Erbses umfassende Kenntnis (auch wenn ich nicht in der Lage war, die konkrete, detaillierte Begründung in den Tiefen ihrer Homepage aufzustöbern) war ein Argument, das mich dazu bewog, doch bei Alterra und Alverde zu bleiben.

Ein weiteres lieferte mir ein kürzlich entdeckter Blog, der sich faszinierenderweise genau mit dieser Thematik auseinandersetze: Ivy’s Poison. Die zentrale These der Autorin ist, dass die Datenbank von Animal’s Liberty, die ich im Vertrauen auf Seriosität blind herangezogen hatte, eben nicht so vertrauenswürdig ist wie sie scheint. Ein schlüssiger Gedankengang, wahrscheinlich direkt gemünzt auf die Verhältnisse von Alterra und Alverde:

AL labelt Produkte rot, die von Firmen hergestellt wurden, die in einer grossen Fabrik eingemietet sind, in der z.B. auch Pharmakonzerne produzieren bei denen Tierversuche vorgeschrieben sind. Selbst wenn die Herstellungsanlagen auch von Pharmakonzern benutzt und “gemietet” werden, unterstützt man mit dem Kauf der darauf hergestellten veganen Produkte keinesfalls mehr Tierversuche, als wenn man in einem Supermarkt einkauft, der unvegane Lebensmittel und an Tieren getestetes verkauft.

* AL = Animal’s Liberty

Sie schreibt weiter, dass bei der Anlegung solcher Kriterien eigentlich viel mehr Produkte als “rot” (= böse und nicht vegan) gekennzeichnet werden müssten. Und dass es unlogisch ist, vom Verbraucher den Verzicht auf diese Produkte zu verlangen – weil er schlicht nicht möglich ist. Das heißt zum Beispiel – den Gedanken zu Ende gedacht: Ich dürfte nur noch in ausschließlich veganen Lebensmittelläden einkaufen. Ist das praktikabel? Ist mir das überhaupt möglich? Nein.

Und weiter:

Auf der anderen Seite soll Alpro Boykottiert werden, weil die Aktienmehrheit bei einem Unternehmen liegt, welches eine Tochter besitzt, dessen Zulieferer angeblich Verstösse gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen werden.  Dabei wäre es eben gerade wichtig, im Sinne der Tierbefreiung, dass man die alternativen Produkte unterstützt.

Und auf der anderen Seite der Medaille stehen folgende Produkte, deren Konsum Animal’s Liberty als vollkommen gerechtfertigt betrachtet: unter anderem die Milchschnitte und spezielle Schinkensorten.

Ivys gerechtfertigte Schlussfolgerung:
“Die Datenbank mag gut gemeint sein, sie steht aber unseren Zielen entgegen. Einerseits versuchen sie überkorrekt jedes Unternehmen auf Herz und Nieren zu prüfen, auf der anderen Seite wird offensichtliche Ausbeutung und Tierqual toleriert. Je mehr man sich mit der Datenbank befasst, desto absurder wird sie.”

Damit scheidet Animal’s Liberty für mich als Bewertungskriterium für die Beurteilung, ob spezielle Produkte und ihre Marken vegan sind oder nicht, aus.

Und auf diesen beiden Grundlagen glaube ich, mit gutem Gewissen als Veganerin Produkte von Alterra und Alverde konsumieren zu dürfen.

Standet ihr auch vor diesem oder einem ähnlichen Dilemma? Wie seid ihr damit umgegangen?

JENNI

Wanderin im Geiste, mit der Nase im nächsten Buch, nie so ganz zuhause und doch immer da.

KOMMENTARE

Ich danke dir erstmal für diesen interessanten Beitrag ????????! Ich bin gerade dabei von vegetarisch auf vegan umzusteigen und das schließt natürlich, neben den Lebensmitteln, auch Kosmetikartikel mit ein! Da ich nicht nur auf die vegane Blume achte, sondern auch auf die Inhaltsstoffe, schränkt es den Einkauf noch etwas mehr ein! Dank der Codecheck App, fand ich z.b. heraus, dass in einigen veganen Produkten Mikroplastik enthalten sind, was für mich persönlich ein Ausschlusskriterium ist! Daher habe ich jetzt beschlossen bei 2 Anbietern zu bleiben, das sind CD und Alterra! Ich kann diese App nur wärmsten empfehlen, da es den Einkauf erheblich erleichtert, besonders als Allergie geplagter! LG Ines

Liebe Ines,

danke dir für deine lieben Worte und guten Tipps zum Einstieg – das freut mich beides sehr! 🙂
Codecheck ist in der Tat sehr aufschlussreich und interessant, um in die Thematik hineinzufinden und sich ein wenig orientieren zu können.
Ich selbst nutze es nicht mehr, da man nach einiger Zeit die Labels kennt, denen man vertrauen kann, aber ich finde es eine großartige Empfehlung. CD und Alterra sind in der Tat auch gute Marken, um sich den Einstieg in Naturkosmetik zu erleichtern (geringes Budget, große Verfügbarkeit).
Ich finde es übrigens sehr toll, dass du auch gerade auf Mikroplastik in den Kosmetika achtest – ein sehr wichtiges Thema, das leider noch viel zu wenig beachtet wird…

Liebe Grüße
Jenni

CD steht bei PETA auf der roten Liste was Tierversuche angeht!

Danke dir für die Ergänzung, das wusste ich noch nicht!

Liebe Grüße
Jenni

Ich kaufe Alverde. Ich meine, das ist eine Produktionsstätte, wer da nun was noch produziert, darauf kann man nunmal keinen Einfluss nehmen. Das ist, als würde ich nix vom Supermarkt oder Bäcker kaufen, weil es da ja auch Unveganes gibt. Meine Meinung. 😉

Genauso sehe ich das inzwischen auch. 😉
Für mich ist relevant, dass die Produkte die Vegan-Blume oder ein vergleichbar qualitatives Siegel tragen und zertifizierte Naturkosmetik sind. Dann kann ich guten Gewissens einkaufen.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner