Nahreisen: (Mini-)Urlaub im Naturhäuschen

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3. August 2022

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Es ist Ferienzeit und nach einigen Jahren des Verzichts für viele Menschen auch wieder: Urlaubszeit. Wir waren nun seit mehr als 3 Jahren nicht richtig „weg“ (was auch die Besuche bei der Familie in der Türkei einschließt) und mit Blick auf das aktuelle Flughafenchaos sowie die Tatsache, dass es eine organisatorische Meisterleitung ist, mit Baby sicher zu fliegen (wir möchten keinen Loop-Belt) wird sich das vermutlich in diesem Jahr nicht ändern. Unsere Herzen sind ein bisschen schwer, denn wenn wir ehrlich sind, brauchen wir so eine Auszeit gerade sehr.

Als Alternative halten wir uns offen, kleinere und spontanere Trips in die Umgebung zu unternehmen – denn wenn mensch es richtig anstellt, kann sich das auch sehr erholsam gestalten und wie „richtiger“ Urlaub anfühlen. Es kommt ein bisschen darauf an, wo die Prioritäten liegen – unsere jedenfalls liegen nicht bei einem maximal ausgestatteten Hotel mit Pool. Sie gehen eher in Richtung Tiny House.

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Auf Messen haben wir uns eine der (gar nicht so) neuen Formen des Wohnens schon aus der Nähe angeschaut und waren begeistert – selbst drin gewohnt hatten wir, wie sicherlich die meisten Menschen, bisher noch nicht. Die Kombination dieser beiden Wünsche (Wegfahren, aber in der Nähe bleiben + Tiny House testen) sorgte dafür, dass wir uns auf der Naturhäuschen-Plattform umschauten – dort sind mehr als 18.000 Ferienhäuser gelistet, die sich entweder in der Natur oder naturnah befinden und so das (Nah-)Reisen besonders erholsam wird. Von Glamping-Zelten über Tiny Houses bis Mittelalterwehrturm ist alles dabei. Das Prinzip ist wie bei airbnb – nur, dass hier die Erholung in der Natur im Vordergrund steht und stets Locals die Gastgeber*innen sind. Pro Buchung wird außerdem 1€ an jeweils lokale Naturschutzprojekte gespendet.

Wegen der Wühlmaus beschränkte sich unsere Auswahl auf Ziele, die in maximal 2 Autofahrtstunden zu erreichen sind. (Die Wühlmaus hasst Autofahren und mit dem Zug haben wir uns das noch nicht zugetraut, zumal die Organisation damit leider oft etwas komplizierter ist.) Dennoch war die Auswahl nicht leicht und wir staunten, was für spannende Ziele und schöne Naturhäuschen es direkt vor unserer Haustür gibt. Dann fanden wir das Tiny House in Drantum und wussten: Das möchten wir aus der Nähe sehen!

Auf nach Drantum bei Cloppenburg

Wir konnten relativ spontan buchen – was auch daran lag, dass wir die unpopulärere Reisezeit von Montag bis Mittwoch gewählt haben. Anfang Juli ging es also mit Rucksack und Wickeltasche für eine Stunde ins Auto (weil wir einen guten Zeitpunkt gewählt haben, war die Fahrt vergleichsweise entspannt, jedenfalls bis auf die letzten Minuten). Ausgestiegen sind wir auf einem Hof auf dem platten Land – Drantum ist eine Bauernschaft, die zu Emstek gehört, das wiederum zum Landkreis Cloppenburg gehört. In dem Ort selbst gibt es vor allem: ein Industriegebiet, Felder und ein paar Häuser. Wir sind vor dem Industriegebiet abgebogen, sodass wir in den nächsten beiden Tagen nur Felder, Park und Wald gesehen haben. Die maximale Portion Grün also.

Aber der Reihe nach:

Übernachten im Naturhäuschen

Das Tiny House gehört zum Ferienhof Werner – und der ist ein ausgesprochen schöner Geheimtipp. Auf 5 Hektar wurde, was einmal Pferdeweide war, in eine Parklandschaft umgewandelt, die fast botanischer Garten genannt werden kann. Gepflasterte Wege sucht mensch hier vergebens – Pfade aus sattem Rasen oder aus Mulch führen durch Rhododendren, Bäume, Sträucher und Gräser. Die Vögel singen laut und vielstimmig, sodass das Rauschen der nahen Autobahn nur gedämpft zu hören ist und morgens bei Sonnenaufgang ein wahres Orchester ertönt. Überall summt und krabbelt es, denn auch Insekten fühlen sich hier pudelwohl.

Mittendrin und durch die Holzfassade fast ein organischer Bestandteil der umgebenden Natur: unser Naturhäuschen, das Tiny House. Ein Wohlwagen-Waggon, dessen 30 qm Wohnfläche sich mindestens wie 50 qm anfühlen – auch dank der klug platzierten Fenster, die viel Licht hineinlassen. Bleibt die Eingangstür offen (mit vorgeschobenem Fliegengitter), ist mensch mit einem Schritt aus der Küche auf der Terrasse, rundherum überall Grün. Maximales Urlaubs-Feeling.

Ein paar Schritte entfernt steht die Sauna, die ebenfalls im Buchungspreis inbegriffen und kinderleicht zu bedienen ist. Auch sie fügt sich perfekt in die Umgebung ein und erinnert von Weitem ein bisschen an eine überdimensionierte Eule.

Es dauert genau 3 Stunden, dann versuche ich, S. zu einem eigenen Tiny House zu überreden – mit bescheidenem Erfolg. Denn ja: vermutlich kann mensch es allein oder zu zweit gut auf diesem Raum, der mit durchdachtem Stauraum besticht, aushalten. Aber zu dritt – und langfristig? Ich möchte S. die größeren Modelle mit Kinderzimmer schmackhaft machen. Er ist nicht überzeugt.

Naherholung im Urwald

Wir legen das Thema erst einmal auf Eis und beschließen, uns nach dem Einchecken aufzumachen zu den Alhorner Fischteichen bzw. dem daran angeschlossenen Urwald Baumweg. Der liegt rund 15 Autominuten von der Unterkunft entfernt. Auf 500 Hektar kann mensch stundenlang durch einen Wald laufen, in den nicht forstwirtschaftlich eingegriffen und der weitestgehend sich selbst überlassen wird. (Die entsprechenden Hinweise, die vor herabfallenden Ästen und Bäumen warnen, entdecken wir erst auf dem Abschluss der zweiten Runde am nächsten Tag.) Der Wald gehört zur Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), und dem Schutzgebietskorridor Natura 2000 der Europäischen Union.

Es gibt 4 Wanderwege, die um die Fischteiche herumführen – weil es schon halb fünf ist, entscheiden wir uns erst einmal für eine kleinere Runde. Wir laufen 4 Kilometer durch Wald und an Feldern vorbei und versuchen, uns dabei nicht von den auf uns lauernden Mücken- und Bremsenschwärmen zerstechen zu lassen. Die vielen roten Pusteln auf unseren Armen, Beinen und Rücken zeugen schon bald davon, dass uns das nicht gelungen ist. Immerhin: Die Wühlmaus hat – dank Sonnenhut und umgewickelter UV-Decke – nichts abbekommen. Ich nehme mir vor, mich direkt nach unserer Rückkehr um einen Hitzestift zur Behandlung von Insektenstichen zu kümmern.

Abgesehen davon ist die kleine Wanderung ist das, was sie sein soll: entspannend. Jedenfalls so entspannend, wie es mit Baby sein kann, das im Wachzustand nicht immer gerne in der Trage sitzt, sondern lieber in genau derselben Position auf dem Arm getragen werden möchte, um den bestmöglichen Ausblick zu haben. Die Wühlmaus liebt Grün und davon gibt es hier reichlich. Und wir haben (Klopfen auf die eigene Schulter) genau den richtigen Slot zwischen Schlafen, Wachsein und Schauen und Ruhephase am Abend abgepasst, sodass alle einigermaßen zufrieden wieder am Auto und später im Tiny House eintreffen.

Lebensmittel haben wir uns selbst mitgebracht, die Utensilien zum Kochen finden wir in der geschmackvoll eingerichteten Küche. Es gibt Salat und Kartoffel-Wedges, wie immer kocht S. und das vorzüglich. Der Abend gestaltet sich dann etwas anstrengend, die Wühlmaus muss den Tag verarbeiten. Dabei helfen uns Spaziergänge oft sehr gut und es zahlt sich aus, dass direkt vor der Haustür ein begrünter Park zum Flanieren einlädt. Auch das Bett im Naturhäuschen liebt sie unter anderem deswegen, weil es rundherum Fenster zum Rausschauen gibt. Wir schlafen umgeben von Vogelgezwitscher ein.

Noch einmal: Alhorner Fischteiche

Als der Morgen graut, ist das zu einem respektablen Konzert angeschwollen, das unsere Mittelstadtohren in der Intensität bisher höchstens in Vogelschutzgebieten gehört haben. Sollten wir bisher noch irgendeinen Zweifel gehabt haben, wissen wir nun: Hier haben viele Tiere ein Zuhause gefunden.

Wir stellen fest, dass wir keine Milch eingepackt haben (ich meine Pflanzendrink, aber für uns heißt das einfach „Milch“) und das Frühstück auch wegen akuten Brotmangels ein wenig dürftig ausfallen wird. Da wir uns ohnehin noch einmal auf den Weg zum Urwald respektive den Alhorner Fischteichen machen wollten und der nächste Bäcker auf dem Weg liegt, machen wir einen kurzen Abstecher nach Emstek. Die Fahrt dauert 5 Minuten, der Bäcker ist in Ordnung, Emstek eine durchschnittliche Kleinstadt (bis auf die Tatsache, dass es dort ein Videospielmuseum gibt), die Autofahrt bis zu den Fischteichen keine gute, denn die Wühlmaus hasst Autofahren an diesem Morgen besonders. Als wir endlich angekommen sind, suchen wir uns dieses Mal einen der längeren Wege aus – es ist noch früh und wir haben Energie, Wasser und die Hoffnung auf weniger aktive Mücken im Gepäck.

Insgesamt wandern spazieren wir rund zweieinhalb Stunden durch den Wald. Die Mücken lassen uns glücklicherweise in Ruhe und wir haben Zeit, uns Schmetterlinge, Teiche, Raupen, knarrende Bäume und sogar eine kleine Maus am Wegesrand genauer anzuschauen. Baby ist begeistert: So viel Natur!

Über weite Strecken ist der Wald ein gesunder Mischwald, aber zwischenzeitlich kommen wir an Monokulturbeständen aus Fichten vorbei, die erwartbar traurig ausschauen. Tote Bäume reißen Löcher in das Idyll und erinnern an die Fragilität des Umgebenden und daran, dass Diversität Stärke bedeutet.

Vereinzelt sind andere Spaziergänger*innen unterwegs, aber da wir nicht an einem Wochenende oder Feiertag, sondern mitten unter der Woche früh unterwegs sind, haben wir den Wald über weite Strecken gefühlt für uns allein. Zwischendurch machen wir Stillpausen – mit Baby geht es dann streckenweise doch langsamer voran als mensch das von „früher“ gewohnt ist. Auf dem letzten Drittel wird die Wühlmaus unruhig und möchte gerne im Laufen gefüttert werden – das fühlt sich für mich immer noch wie ein Superheld*innen-Move an, auch weil es so verlässlich beruhigend ist.

Urlaub mit Kind – ist gar kein Urlaub?

Entspannt treffen wir wieder im Naturhäuschen ein und beschließen, den Rest des Tages einfach nur herumzusitzen, in der Park-/Gartenanlage umherzuwandern und ein wenig zu dösen. Wenn die Tür des Waggons offensteht, fühlt es sich so an, als würden Innen- und Außenbereich miteinander verschmelzen (glücklicherweise verhindert das Fliegengitter, dass das zu weit geht).

Wir zupfen etwas Minze aus dem Kräutergarten ab und gießen sie mit heißem Wasser auf. Wir machen einen Salat und ein Knoblauchdressing und essen die gekauften Brötchen dazu. Wir gehen mit der Wühlmaus im Garten spazieren, bis sie einschläft.

Öfter habe ich bereits gehört, Urlaub mit Kindern sei kein Urlaub, sondern einfach nur ein Ortswechsel und nach dieser Erfahrung würde ich sagen: stimmt. Aber allein dieser Ortswechsel kann viel ausmachen – auch wenn zwischenzeitlich gefüttert, gewickelt und beruhigt werden muss. Und wir haben gemerkt: Auch die Wühlmaus hat Spaß daran gehabt, neue Eindrücke zu sammeln. Familienfreundliche Unterkünfte findet ihr ebenfalls bei Naturhäuschen. 

Auf Wiedersehen!

Am nächsten Morgen sind wir (wie immer, unser Baby steht gerne um 6 Uhr auf) früh auf den Beinen, begrüßen die besondere Morgenstille während einer letzten Umkreisung des Naturhäuschens und organisieren die Abreise – aufräumen, putzen, Müll wegbringen. Check-Out ist bis 10 Uhr, wir fahren um halb 8 Uhr los, da wir noch einen Termin bei der Kinderärztin haben. Das Timing ist perfekt und obwohl wir schon wieder voll drin sind in der Alltagsorganisation, nehmen wir die Entspannung aus der kleinen grünen Auszeit im Naturhäuschen mit nach Hause. Und die Erinnerungen an einen ersten Mini-Urlaub zu dritt.

JENNI

Wanderin im Geiste, mit der Nase im nächsten Buch, nie so ganz zuhause und doch immer da.

KOMMENTARE

Hach Jenni,
Die Bilder und wie du die Gegend beschreibst, machen Lust, sofort dorthin zu fahren.

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