Die Pandemie hat mich mittlerweile viele Dinge neu ausprobieren und lernen lassen. Ich schrieb kürzlich vom Sauerteigbrotthema, das ich wieder mit Verve bearbeite (ähnliches gilt für Bananenbrote und Kuchen jeglicher Art). Ich habe letzten Winter ganz viel gestrickt, mit Makramee-Pflanzenampel-DIY-Kits bestellt, die noch auf Umsetzung warten und bin vor ein paar Tagen endlich dazu gekommen (korrekter: habe mich aufgerafft), die zwei großen Gläser Kerzenreste, die ich in der Küche stehen habe, anzufassen.
Mittlerweile achte ich stark darauf, welche Kerzen ich kaufe – denn viele sind leider Erdölprodukte, was nicht besonders gut für das Klima und auch nicht für meine Gesundheit ist. Nachhaltigere Kerzen (aus Sojawachs oder – ganz selten – auch aus reinem Bienenwachs) sind allerdings deutlich teurer als die “normalen” – und schon allein deshalb würde ich es nicht einsehen, Wachsreste wegzuwerfen. Außerdem tut es mir mittlerweile auch umwelttechnisch weh, so viel Material ungenutzt zu lassen (bei einigen Kerzen bleibt manchmal fast ein Drittel der Gesamtgröße übrig, was leider nicht besonders für ihre Qualität spricht).
DIY Kerzen aus Wachsresten gießen
Es musste eine Lösung her für die wachsenden Wachsberge in meiner Küche. Die Erleuchtung kam mir vor ein paar Wochen auf Instagram. Dort liebt mensch gerade Kerzen (ich glaube, das ist auch ein wenig pandemiebedingt). Gerollte, gedrehte und ganz neu: Bubble Candles. Auch ich war hin und weg, als ich diese schönen Kerzen das erste Mal gesehen habe – was sich schnell verflüchtigte, nachdem ich auf den Preis schaute, der bei fast allen Händler*innen zwischen 8€ und 15€ pro Kerze lag. Da zog ich scharf die Luft zwischen die Zähne und schloss den jeweiligen Tab mit leisem Bedauern wieder.
Ein paar Tage später lief mir über den Weg, dass es Kerzenformen aus Silikon zum Selbergießen gibt. Warum war ich da noch nicht selbst drauf gekommen?
Meine Suche bei Etsy dauerte denn auch nicht lange und ich hatte eine Bubble-Candle-Form nebst 50er-Packung Dochten und einer Metallhalterung im Warenkorb. Kosten: 6€. Mittlerweile habe ich damit eine Handvoll Bubble Candles gegossen und den Preis um ein Vielfaches wieder reingeholt. Und Spaß hatte ich außerdem.
So funktioniert es:
- Ihr braucht: Wachsreste, Dochte, eventuell eine Dochthalterung (geht aber auch mit Wäscheklammern), 2 Töpfe für das Wasserbad, etwas zum Umrühren, eine Unterlage, Tücher
- Die Wachsreste säubern (zum Beispiel von Streichholz-Resten und Staub) und in dem kleineren der beiden Töpfe zerkleinern.
- Die Silikonform mit dem Docht bereitstellen. Dafür den Docht mit der Metallhalterung so platzieren, wie ihr ihn wünscht. Ich habe die Platte des Dochts nach unten gelegt, sodass der “Kopf” nach oben zeigt. Der einzige Nachteil bei der Variante: Die Bubbles oben werden nicht vollständig und die Oberfläche bleibt glatt. Der Vorteil: Eventuelle Schmutz- und Rußpartikel sinken nach unten auf den Boden, wo sie unsichtbar bleiben, wenn die Kerze normal steht.
- Den kleineren Topf ins Wasserbad stellen und gut erhitzen, bis das Wachs schmilzt. Umrühren und alles schmelzen lassen.
- Das flüssige Wachs (Vorsicht, heiß!) in die vorbereitete Form gießen. Am besten geht das mit einem Gefäß, das eine Gießmulde hat (und nicht bei Hitze sofort zerspringt). Ansonsten geht gerne mal was daneben, daher die Umgebung gut abdecken. Bis oben an den Rand gießen und schauen, dass der Docht am Platz bleibt und nicht mit Wachs verklebt ist (sonst wird es später eventuell schwer, ihn von der Metallhalterung zu lösen).
- Mindestens 5-6 Stunden warten. Am besten sind 8-10 Stunden, wenn die Form also über Nacht ruhen kann. Dann könnt ihr sicher sein, dass sie wirklich bis unten erkaltet ist und keine Restflüssigkeit übrig bleibt. Falls das doch der Fall sein sollte, ist das aber auch nicht so schlimm – die Kerze sieht trotzdem gut aus.
- Fertig!
Bevor ich es selbst ausprobiert hatte, dachte ich, Kerzengießen ist… anstrengend. Kompliziert. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Nachdem das Wachs geschmolzen ist (was ungefähr 10 Minuten dauert), muss es nur noch erkalten (was es von selbst erledigt). Und ich bin stolz, dass ich aus etwas Altem und Unansehnlichem etwas Neues, Wunderschönes geschaffen und dabei fast nichts weggeworfen habe.
4 Tipps bzw. Hinweise:
- Wahrscheinlich bekommt ihr nicht die ganzen Verunreinigungen aus den Wachsresten heraus. Das ist nicht schlimm – die meisten sinken nach unten auf den Kerzenboden, sodass in der fertigen Kerze nichts zu sehen ist, wenn sie auf dem Tisch steht. (Es sei denn, ihr dreht den Docht mit dem “Kopf” nach unten, damit die Bubbles oben vollständig sind. Dann sind die Partikel natürlich an der Oberseite.)
- Ihr könnt verschiedene Kerzenfarben mischen, um eine neue Farbe zu kreieren. Ich habe beispielsweise ein sehr dunkles Gelb mit Weiß gemischt und einen zarten Pastellton erhalten. Wachsmalstifte können zur Farbgebung ebenfalls hinzugegeben werden.
- Es kann sein, dass das Wasserbad unglücklich verläuft, das heißt Wasser in den Wachsbehälter gelangt. Das ist an sich nicht dramatisch, mindert aber die Qualität der Kerze (sie wird ein wenig rissig an der Oberfläche und schließt kleine Bläschen ein). Am besten: nicht zu viel Wasser in den Wasserbehälter geben.
- Je nachdem, wie lang er ist: den Docht vor dem ersten Anzünden kürzen. (Meine müssen auf jeden Fall gekürzt werden.)
Es gibt natürlich noch viel mehr Formen, die mensch nutzen kann – ich habe derzeit unter anderem ein Auge auf diese Muschelform, aber auch diese antike Säule geworfen. Auch die Body Candles sind sehr schön, wobei diese leider oft nicht besonders inklusiv sind (hier gibt es immerhin eine nicht-normschöne Figur).
DIY Kerzen aus Kerzenresten sind übrigens auch wunderschöne Geschenke – für jetzt per Post und für Überreichungen so ganz in echt nach der Pandemie. Mit Mut zum Unperfekten.