“Geiler Geschmack braucht kein Fleisch!”
Das erklärte Motto von Björn Moschinski macht neugierig auf die Person hinter den Worten – und vor allem auf ihre Rezepte. Und da ich meinen Schaffensschwerpunkt in der Küche (aktuell) auf die Backwerke gelegt habe, musste ich mir über kurz oder lang vegan backen für alle anschauen.
Denn dies ist eines der mittlerweile vier veganen Koch- und Backbücher, die der sympathisch von seiner Facebookseite lächelnde Rastazopf-Koch veröffentlicht hat. Und angesichts seiner unübersehbaren Motivation für die pflanzliche Lebensweise und ihre Küche dürfen wir uns auf weitere Werke freuen.
Warum “freuen”? Weil zumindest vegan backen für alle ein liebevolles und ein bisschen aus dem Rahmen fallendes Backbuch mit tollen Rezepten ist.
Was enthält vegan backen für alle?
Obwohl Björn (ich nehme mir die Freiheit heraus, auf ihn mit seinem Vornamen und nicht dem vollen Namen Bezug zu nehmen) im Vorwort deutlich erklärt, er habe mit süßen Kreationen aus der Küche und allgemein dem Backen nicht besonders viel zu tun, dürfen wir uns auf auf über 70 reich bebilderte Rezepte freuen.
Gruß- und Vorwort: Ehrlichkeit und Authentizität
Doch zunächst eröffnet ein Grußwort von Jan Bredack, dem Gründer von Veganz, das Werk, in welchem er Björn und seine tägliche Leistung für die Verbreitung des Veganismus lobt und das vorliegende Backbuch als “wichtigen Grundstein” für alle jenen bezeichnet, die sich ohne Schwierigkeiten und Verzicht der pflanzlichen Ernährung widmen möchten.
Anschließend folgt das eigentliche Vorwort von Björn, das knappe drei Seiten Text umfasst, wie alle übrigen Seiten des Buches von hochwertigen Bildern gerahmt wird und den sympathischen ersten Eindruck, den das Facebook-Profil oder die Internetseite des Autors erzeugen.

Hier behauptet niemand im Brustton der Überzeugung, die perfekten veganen Rezepte für diesen oder jenen Anlass gefunden zu haben. Hier zählt keiner seine Erfolge im veganen Business auf und prahlt mit zukünftigen Plänen. Nein: Hier – das spüren wir deutlich – möchte uns jemand da abholen, wo wir stehen und uns mitnehmen auf eine kleine kulinarische Reise. Vollkommen auf Augenhöhe mitnehmen auf eine kulinarische Reise, die für ihn selbst vielleicht eine ebenso große Herausforderung war wie für uns, die wir unter Umständen noch nie einen veganen Kuchen gebacken haben.
Wir erfahren, dass das Buchschreiben durchaus anstrengend und mit viel Aufwand verbunden sein kann – unter anderem war die interessante Kapitelaufteilung ein Thema, das Björn lange beschäftigt hat. Es ist schön, solche für den eigentlichen Inhalt des Buches trivialen Informationen an die Hand zu bekommen, vermitteln sie doch Transparenz und eine große Portion Authentizität und Ehrlichkeit.
Vegan backen – wie geht das eigentlich?
Bevor es nach der Einleitung ans Eingemachte geht, wird kurz erläutert, warum Veganer* innen eigentlich nach pflanzlichen Alternativen zu den konventionellen Tierprodukten suchen und welche Alternativen Björn persönlich empfiehlt.
Schön finde ich an diesem Abschnitt wiederum den Grundtenor: Versöhnlich anstelle von missionarisch. Und ganz sicher nicht auf pingeliger Perfektion bedacht. Denn wir lesen:
“Kaum eine VeganerIn ist seit Geburt vegan und bekommt deshalb oft in den ersten Lebensjahren die charakteristischen Geschmacksmuster und auch Texturen von Lebensmitteln angezogen. Diese Geschmacksmuster sind in unserem Gehirn gespeichert und wollen von Zeit zu Zeit befriedigt werden.” (S. 14)
Punkt. So einfach und bestechend logisch die Erklärung. Keine langen Rechtfertigungsversuche, kein Dogma, kein Zwang.
Anmerkung: Man beachte das Binnen-I-als eine mögliche Form der korrekten Generschreibweise. Auch solche Kleinigkeiten sind für mich persönlich sehr wichtig und ich habe mich gefreut, in diesem Buch auf angemessene und moderne Adressierung der Leserschaft zu stoßen. (Der ein oder die andere wird bemerkt haben, dass ich mich bemühe, ebenfalls gendergerecht zu formulieren. Ich verwende hierbei allerdings das *, um auch Personen ohne konkrete Geschlechtszuordnung mit einzuschließen.)
Illustriert wird anschließend, welche Ei-Alternativen, welche Mehle, Pflanzenmilch und warum man Rauchsalz, Albaöl verwenden und beim Backen auf seinen Ofen achten sollte. Obgleich viele Aspekte auch in anderen Büchern, die sich mit dem pflanzlichen Kochen und / oder Backen beschäftigen, zu finden sind, erachte ich es für richtig und wichtig, dass sie hier an dieser Stelle noch einmal der Vollständigkeit halber aufgegriffen werden.
Die Rezepte
Die Rezepte wurden nach Back-Anlässen geordnet. Das heißt: Wir finden im Gliederungsteil kein A-Z-Register (das gibt es am Ende des Buches) und auch keine Kuchen-Muffin-Pizza-Einteilung, sondern folgende Anordnung:
- Grundteige
- Ostern
- Muttertag
- Halloween
- Weihnachtsbäckerei
- Sonntagstafel
- Ofenfrische Geschenkideen
- Schnelles für unerwartete Gäste
- Brot & Co.
Ich muss gestehen, dass ich von dieser doch nicht ganz gewöhnlichen Form zunächst etwas überrascht war – diese Überraschung ist allerdings schnell positivem Erstaunen gewichen – spätestens, als ich die Kategorie der Grundteige entdeckt und eingehender studiert hatte.
Kennt ihr das auch? Ihr wollt ein neues Rezept kreieren oder mal eben schnell Mürbeteigschnecken backen – und ihr habt irgendwie gerade vergessen, wie ihr euren Lieblings-Mürbeteig macht? Und das Rezept ist natürlich auch nicht aufzufinden (was vielleicht auch daran liegt, dass ihr es nie aufgeschrieben habt, weil ihr bisher keine Veranlassung dazu hattet)? Ich könnte euch ein Lied davon singen.
Und dann sehe ich die Rezepte für Hefeteig (süß und herzhaft), Rührteig (süß und herzhaft), Mürbeteig (süß und herzhaft) und Biskuitteig – und bin ganz hin und weg. Ich spüre: Diese Rezepte sind die heimlichen Goldstückchen dieses Buches und werden mir bei so mancher Kreation noch einen sehr guten Dienst erweisen.
Was gibt es alles für Leckereien?
Grob und allgemein formuliert: So ziemlich alles, was man in ein Backbuch dieses Umfangs zu packen in der Lage ist. Wir finden herzhafte und süße, aufwendige und schnelle, bekannte und neuartige Backwerke.
Und diesen ist sämtlich eine Doppelseite gewidmet – eine für den Rezeptteil und eine weitere für ein Bild, das uns jeweils gekonnt das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt.
Als ich mich zum zweiten Mal durch das Buch gearbeitet hatte (das erste Mal nutze ich immer zum Ersten-Eindruck-Verschaffen), habe ich mir die Rezepte markiert, die mich besonders interessieren und mich zum Nachmachen animieren. Mein exemplar leuchtet nun vor lauter Post-it-Zettelchen und ich weiß, aus welcher Quelle ich demnächst immer mal wieder Rezepte nachbacken und sie zwischen meine Fahrplan-Rezepte hier einstreuen werde.
Ich möchte euch einige der Titel nennen, die es mir besonders angetan haben:
- Schokoladenbrot (aus der herzallerliebsten Kategorie “Muttertag”)*
- Nussblumen (allein der Titel!)
- Tarte Tatin mit Süßkartoffeln
- Karottenkuchen ohne Mehl
- Apfeltarte mit Pinienkernen
- Marzipan-Schoko-Nockerln
- Winterliche Brownies
- Rosinenzopf free style
- Zimtfocaccia
- Buchweizen-Bananen-Drops
- Polenta-Pizza
* Darauf, ein Kapitel in einem Backbuch so zu bennenen, muss man auch erst einmal kommen. Ich weiß, dass hier keineswegs das Rad neu erfunden worden ist – und doch musste ich unwillkürlich lächeln, als ich das las.
Das waren beileibe noch nicht alle – vielleicht die Hälfte der von mir markierten Rezepte. Ihr seht – es gibt unglaublich viel Inspiration in vegan backen für alle. Daher ist der Titel auch so passend.
Gibt es Kritik?
Ich weiß auch nicht, warum diese Rezension so lang geworden ist – doch irgendwie kann ich auch zu einem Backbuch schreiben, schreiben, schreiben. Danke, dass ihr bis hierher durchgehalten habt – ihr seid auch gleich entlassen, versprochen.
Doch fairerweise möchte ich mich nicht ausschließlich in Lobeshymnen ergehen, habe ich doch auch ein paar wesentiche Kritikpunkte an vegan backen für alle gefunden.
Zucker und Sahne
Zunächst ist da der Zucker. Zwar häufig in Form von Rohr- oder Rohrohrzucker, doch es ist immer noch Zucker. In der Regel wird dieser auch sparsam eingesetzt – doch manchmal besteht auch bis zu ¼ des Rezeptes daraus.
Es ist nun vielleicht etwas spitzfindig und viel verlangt für ein Backbuch, das sich kommerziell auch irgendwie vertreiben lassen muss – doch ich persönlich verzichte auch auf Puder- und (Roh-) Rohrzucker und hätte mir ein bisschen mehr Arbeit mit gesünderen Zuckeralternativen (wie zum Beispiel Birkenzucker oder Dattelmus) gewünscht.
Auf der anderen Seite ist es nun wirklich kein Hexenwerk, die Angaben durch die entsprechende Menge der gewünschten Zuckeralternative zu ersetzen. Und vielleicht kommt ja demnächst noch ein Backbuch mit zuckerfreien Rezepten von Björn Moschinski.
Anders sieht es mit der Sahne aus. Ich mag seit der Verbannung sämtlicher Sahnealternativen aus meiner Küche keine Rezepte mit Sahne so richtig leiden. Und schon gar nicht, wenn 200-300 ml Sojacuisine verwendet werden. Leider geschieht das in einigen der Rezepte, weshalb ich (und alle Leser* innen, die ebenfalls auf solche Dinge Wert legen) sich Ersatz-Alternativen überlegen müssen, um die doch sehr lecker aussehenden Backwerke genießen zu können.
Die Glutenfreiheit
Ein wesentlich wichtigerer, weil unter anderem irreführender und sogar gefährlicher Punkt ist folgender: vegan backen für alle enthält gluten- und sojafreie Rezepte. Björn gibt an, dass er den vermehrten Anfragen diesbezüglich damit Rechnung trägt.
Die Rezepte sind sämtlich am Ende des Buches in einer übersichtlichen Tabelle dahingehend aufgeschlüsselt, ob sie glutenfrei, sojafrei sind und was sie sonst noch für Eigenschaften aufweisen (Hefeteig, Mürbeteig etc.).
An sich wäre das gut und schön und es ist auch eine nette Idee – wären dem Team nicht ein paar eklatante Fehler unterlauften. Es wird beispielsweise Stollenkonfekt mit 500 g Dinkelmehl als glutenfrei deklariert oder in vermeintlich glutenfreien Rezepten Hafermilch als Pflanzenmilchalternative empfohlen.
Das ist nicht nur schlecht recherchiert – es ist auch gefährlich.
Denn was mache ich, wenn ich als wohlmeinende Freundin meiner zölikaie-geplagten Bekanntschaft eine Freude machen möchte? Und mich dann auf diese falsch deklarierten Rezepte verlasse, den liebevoll gebackenen Kuchen überreiche…Wir möchten es uns nicht ausmalen.
So toll ich das Buch an sich auch finde – dies ist ein nicht zu entschuldigender Fehler, der wirklich dringend einer Überarbeitung bedarf. (Zumal vegan backen für alle 2014 veröffentlicht worden ist.)
Ich habe daraufhin Björn persönlich angeschrieben und ihn nach diesem Sachverhalt gefragt, da ich ihn doch für sehr wichtig halte. Es stellte sich heraus, dass Björn nicht nur auf dem Cover sympathisch rüberkommt – er hat mir meine Anfrage zwar kurz und bündig, aber dennoch freundlich beantwortet:
“Liebe Jenni, dem Lektorat ist dies bezüglich ein Fehler unterlaufen der bei der 2. Auflage korrigiert wurde. Danke, dass Du mich dies bezüglich informierst und wenn Du mein neues Kochbuch rezensieren willst, dann gebe bescheid und ich lass dir eins zukommen.”
Für die vorliegende Rezension habe ich ein Exemplar aus der ersten Auflage vorliegen – schaut im Handel im Zweifelsfall also genau hin, ob ihr ein Buch der ersten oder der zweiten Auflage in der Hand habt – denn hier ist die Aktualisierung auf die zweite Auflage wirklich wichtig!
Fazit: Kaufen oder nicht kaufen?
Falls ihr auf der Suche nach kreativen, bunten, toll bebilderten und wirklich leicht nachzumachenden veganen Back-Ideen seid, dann seid ihr bei Björn Moschinski und seinem vegan backen für alle bestens aufgehoben.
Denn der Titel ist Programm: Für alle, weil einfach und meist ohne große Schwierigkeiten umsetzbar. Für alle, weil liebevoll sowohl an Mütter als auch an die Oster- oder Sonntagstafelgesellschaft gerichtet. Für alle, weil nicht nur für Veganer* innen, sondern auch für (noch) Tierprodukte-verzehrend-Lebende. Für alle, weil wir alle die Leidenschaft für süße Leckereien teilen. Und wenn sie dann auch noch in mehrheitlich gesundem Format daherkommen, genießen wir sie gleich doppelt so gern.
Sowohl Einsteiger* innen als auch Fortgeschrittene werden hier einige spannende Ideen für die heimische Umsetzung finden. Bewusst Lebende ersetzen Sahne (mit etwas Übung) und Zucker (kinderleicht) durch entsprechende Alternativen.
Doch bei geplanten Backvorhaben für Freunde, Bekannte oder liebe Menschen, die an Glutenunverträglichkeit leiden, sei hier aus den oben genannten Gründen Vorsicht geboten und lieber zwei Mal hingeschaut und kritisch hinterfragt. Oder auf eine andere Alternative ausgewichen.
Und falls ihr nun neugierig geworden seid, euch aber noch nicht so richtig entscheiden könnt, ob das Buch eine Idee für euch ist, dann seid ihr auf diese Leseprobe hier verwiesen: Leseprobe vegan backen für alle.
Solltet ihr von vegan backen für alle überzeugt sein und es unbedingt der Reihe eurer Küchenregal-Bewohner hinzufügen wollen, dann könnt ihr das Werk für knappe 20€ beim südwest-Verlag oder beim Buchhändler eures Vertrauens erwerben.
* Für diese Rezension wurde mir ein Exemplar des Buches vom südwest-Verlag zur Verfügung gestellt. Die Bewertung hat dies in keiner Form beeinflusst. Ich bedanke mich sehr herzlich!
Hallo Jenni,
schönes Rezept! Besonders gefällt mir aber der neue Style deines Blogs. Das sieht sehr schick aus. Da bin ich doch glatt wieder mal am überlegen, was bei mir zu ändern… Never ending story ^^
LG, Polly
Liebe Polly!
Ich danke dir für deine lieben Komplimente – das motiviert wirklich sehr! Toll, dass dir mein neues Design gefällt – ich habe auch eine Weile danach suchen müssen und bin nun aber ebenfalls sehr zufrieden damit. Aber du hast recht: Das Ganze ist wirklich eine never ending story und man sucht irgendwie immer nach Verbesserungsmöglichkeiten. Aber das ist ja auch das Schöne daran: Es wird nie langweilig. 😉
Liebe Grüße
Jenni
[…] muss gestehen, dass ich den Begriff erst einmal googlen musste, nachdem ich das Inspirationsrezept in „vegan backen für alle“ entdeckt hatte. Ich hatte noch nie etwas von Farinata gehört. Eigentlich fatal, bedenkt man dass […]
Großartige Rezension liebe Jenni! Ich kann ein gutes Backbuch mit veganen Rezepten auf jeden Fall gebrauchen und ich denke, dieses ist eins nach meinem Geschmack.
viele liebe Grüße
Rebecca
Liebe Rebecca!
Es freut mich sehr, dass dir die Rezension gefällt und du das Buch nun favorisierst. 🙂
Es ist wirklich eine schöne und inspirierende Auswahl, in die man immer mal wieder gerne hineinschaut, wenn man mal gerade neue und nicht zu komplizierte Ideen braucht.
Ich hoffe, du hast Freude damit. 🙂
Liebe Grüße
Jenni