Veränderung – zwischen Kontrollverlust und neuer Sicherheit

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27. November 2021

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Veränderung ist gerade omnipräsent in meinem Leben. Um genau zu sein: Ich weiß gar nicht, was sich gerade nicht verändert. Früher habe ich mich manchmal dabei ertappt, dass ich am Bestehenden festhalten wollte und neuen Stadien in meinem Leben zwar auch vorsichtig optimistisch, aber dennoch zögerlich und bisweilen ängstlich gegenüberstand. Das hat sich – jedenfalls für die meisten Fälle – heute geändert.

Aber fangen wir von vorne an.

Wohnung

Der Nestbautrieb gehört ja quasi zur Standardausstattung der Stereotypen über Schwangerschaft und vor allem über werdende Mütter – und trifft auf mich zu 150% zu. Ergriffen hat er mich bereits im 2. Trimester und im letzten Drittel der Schwangerschaft seinen Höhepunkt erreicht.

Natürlich geht es um Sachen, die fürs Baby angeschafft werden (Kleidung und Wickeltisch und diese vielen kleinen Dinge, an die mensch gar nicht so unbedingt direkt denkt – zum Beispiel eine Kindernagelschere). Aber noch viel mehr hat mich das Drumherum beschäftigt: die kleinen und etwas größeren Baustellen, die mensch schon immer mal in der Wohnung angehen wollte, es aber aus Zeit- oder Faulheitsgründen einfach nicht geschafft hat.

Wie produktiv so ein Nestbautrieb machen kann, hätte ich nicht für möglich gehalten. Wir haben das Arbeitszimmer insgesamt zwei Mal komplett umgeräumt, ein neues Sofa angeschafft, die Küchenschränke ausgetauscht und alle Vorräte gesichtet, die Gläser gesäubert und ordentlich verstaut. Einen großen Wäscheständer besorgt, das alte Hochbett (das wir seit einiger Zeit auf dem Kopf montiert haben und dessen lange Streben in die Luft guckten) zurechtgesägt und das Schlafzimmer umgestellt. Den Keller aufgeräumt. Akten sortiert, unordentliche Ecken aufgeräumt. Die Schublade, in der sich alles kreuz und quer türmt und die jeder Haushalt irgendwo hat, sortiert. Als nächstes steht eine Renovierung des Badezimmers an. Und ja, auch ein neues (gebrauchtes) Auto gekauft, nachdem wir feststellen mussten, dass wir unseren 20 Jahre alten Liebling nicht mehr durch den TÜV kriegen und hinten keine Sitzbänke einbauen lassen können.

Es war und ist eine große Saubermach- und Aufräum-Aktion, bevor das neue Familienmitglied einzieht: Es soll alles im weitesten Sinne gut sein für die Wühlmaus. (Wir nennen sie mittlerweile so, weil sie zu den Schiebe-Babys gehört und wenn sie einmal loslegt, sich mit großen schiebenden und kleinen tretenden Bewegungen sehr ausdauernd bemerkbar macht.) Ordnung schaffen, bevor die wahrscheinlich bis dato größte Veränderung und Unberechenbarkeit losbricht in unserem Leben.

Sicherheitsbedürfnis

Dazu passend haben wir eine neue Form des Sicherheitsbedürfnisses entwickelt, wie sie wahrscheinlich typisch ist für werdende Eltern: Wir haben unsere Versicherungen gecheckt und auf den neuesten Stand gebracht. Geschaut, was wir jetzt vielleicht an zusätzlicher Absicherung brauchen könnten. Wir vergleichen TÜV-Siegel auf Produkten, legen Checklisten an und überlegen, wo im Haushalt potenzielle Gefahrenquellen für ein krabbelndes Baby lauern könnten (wir kommen zu dem Schluss: überall).

Es gibt einen neuen Respekt vor Treppen und Pfützen und anderen glatten Oberflächen, auf denen ich eventuell ausrutschen könnte. Ich habe mich zum ersten Mal mit Brandsicherheit (Feuerlöschspray, Löschdecken, Verbandskasten) beschäftigt. Wir sichten Akten, legen neue Ordner an, damit wir alles griffbereit und gut verstaut haben. Wir fragen öfter “Was wäre, wenn?” und entfernen uns ein Stück mehr davon, nur im Moment zu leben (was lange Zeit nicht nur eine Sache der Jugend, sondern auch der Prekarität war). Wir haben einen Finanzplan.

Geschichtsbewusstsein

Das Ausweiten der zeitlichen Dimension erstreckt sich nach vorne und zurück: Natürlich reden wir über Erziehung, die ersten einschlägigen Bücher liegen schon bereit und wir fragen uns, was bei uns “gut gelaufen” ist und was eher nicht so. Was wir anders machen wollen, aber nicht zu sehr im Detail, denn das meiste wird sich sowieso ergeben.

Ich erwische mich dabei, dass ich den Fotodrucker der örtlichen Drogerie oft frequentiere, denn auf einmal gilt es, Erinnerungen nicht nur digital, sondern auch analog festzuhalten. Es muss etwas sein, das wir auch in 10 Jahren in die Hand nehmen und anschauen können, wenn die Bilder in der Cloud längst vergessen sind. Ich bestelle Fotobücher, führe ein Schwangerschaftstagebuch, möchte ein “Dein erstes Jahr”-Buch besorgen und durch alte Fotoalben mit Bildern von mir blättern.

Kurzum: Wir bekommen einen neuen Sinn für Geschichtlichkeit, für das Mitschreiben an einer Genealogie und die Frage, was einer neuen Generation mitgegeben werden soll für Wissen darüber, wo sie herkommt. Vielleicht ist das gerade besonders wichtig bei unser beider internationaler Geschichten, die bisweilen verwirrend, verstrickt und in Teilen auch schon vergessen sind. Ich will die Stücke sammeln, die noch da sind, bewahren und konservieren, damit sie weitergetragen werden können.

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Partnerschaft

In dem Zuge ändert sich, wie wir aufeinander schauen. Ich mit riesigem Bauch vorne dran, gewachsenen Brüsten und einem erhöhten Nähe- und Höhlenbau-Bedürfnis stecke mittendrin in der Entwicklung zur Mutter – und allein das Wort ist schon so groß, dass ich manchmal noch davor zurückschrecke. S. spürt die Veränderungen hautnah, genauso wie sich in ihm Fragen, Zweifel, Wünsche auftun und auf einen Hormoncocktail treffen. Es gibt dieses Phänomen vom Mitschwangersein der Väter und ich glaube (so wenig es bisher auch erforscht ist), S. steckt mittendrin.

Wir schauen aufeinander als bald neu und anders Verbundene, als Verantwortliche und anders Erwachsene. Als Expert*innen für neue Dinge und mit neuen Bedürfnissen – während gleichzeitig vieles bleibt und wir daneben immer noch die sind, als die wir uns kennen und schätzen. Die Entwicklung verläuft in ungewohnter Geschwindigkeit und bisweilen müssen Dinge lange besprochen werden, die vorher normal schienen. Und andersherum sind Angelegenheiten, die sich früher groß angefühlt hätten, fast nicht der Rede wert. Es ist eine neue Form des Tanzes und wir üben die ersten Schritte.

Körperwahrnehmung

Ich, die ich in den frühen Zwanzigern und auch bis Mitte der Zwanziger stark mit meinem Körper zu tun hatte und gegen ihn gekämpft habe, merke, dass eine neue Leichtigkeit eintritt – ironischerweise, je schwerer er wird. Das Zunehmen innerhalb der Schwangerschaft, das ja nun einmal unvermeidlich ist, bereitet mir keine Kopfschmerzen, auch nicht die Frage danach, wie viel es am Ende sein wird. Und wie schnell ich das wieder los sein werde.

Das hat natürlich auch damit zu tun, dass ich trotzdem normschön und damit privilegiert bin – auf persönlicher Ebene bin ich allerdings sehr erleichtert, denn ich hatte mir die körperliche Veränderung für mich mental stressiger vorgestellt. Es ist schön, dass die Befürchtungen sich nicht bewahrheitet haben. Ich kann genießen, was passiert, intuitiv reagieren und mich voll darauf einlassen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und ich hoffe, diese neue Distanz bleibt eine Weile.

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Arbeit

Dieser meine neue alte Körper sorgt dafür, dass allzu ehrgeiziges Arbeiten nicht mehr ohne Weiteres möglich ist: Mehr Pausen, schnelle Erschöpfung, generell weniger abgearbeitete To Dos und ein Kopf, der sowieso in ganz anderen Gefilden unterwegs ist. (Was muss ich noch besorgen? Brauchen wir Feuchttücher? Welche Marke? Wo muss ich welchen Antrag wann abgeben?)

Und auch hier zeigt sich im Laufe der Zeit eine gewisse Entspannung – ebenfalls nicht selbstverständlich, bin ich doch eigentlich das, was mensch als “Arbeitstier” bezeichnet. Mittlerweile habe ich nach 4 Stunden keine Lust mehr und an vielen Tagen möchte ich auch einfach nur rumliegen, lesen oder nichts tun. Das schlechte Gewissen wird leiser, je näher die Geburt rückt, denn ich weiß: Mein Körper, mein Kopf und ich sind gerade mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Und das ist gut so – ich glaube, ich würde mir für mich persönlich Sorgen machen, wenn dem nicht so wäre.

Veränderung – innen und außen

Zuerst dachte ich, wir hätten die ganze Angelegenheit schlecht getimt, aber mittlerweile bin ich froh, dass wir ein Winterbaby bekommen. Zum einen, weil das Wochenbett dann eine richtig gemütliche Angelegenheit wird und wir nicht so schnell den Drang verspüren werden, jetzt das gute Wetter zu nutzen und rauszustürmen. Zum anderen, weil ich die Parallelität von äußerer Veränderung der Jahreszeiten und in unserem Leben fast schon poetisch schön finde.

Die Phase der Hochschwangerschaft fällt für mich in die Zeit, in der die Blätter fallen, wir uns (mit C leider jetzt wieder mehr als sonst) nach innen zurückziehen und in uns hineinhorchen. Es ist die Zeit, die ich (eigentlich, wie gesagt: ohne Pandemie) besonders gerne mag – die Zeit von Heimeligkeit, Lesen, dampfenden Tassen und Lichterketten. Eine Zeit des sehr bewussten Übergangs, in der sich von den Freuden des Sommers ein bisschen wehmütig verabschiedet und Neuem zugewandt wird. Eine Zeit, die Kraft schöpfen lässt in Vorahnung auf anstrengende Zeiten – eine stille, langsamere Zeit.

In dieser Zeit finde ich es leichter, mich vorzubereiten auf das, was da kommen wird an Schönem, Herausforderndem und ja auch: Kräftezehrendem. Sie fühlt sich angemessen an, diese äußere Ruhe vor dem privaten Sturm.

Auch Wildling zelebriert mit seiner neuen Herbst-/Winter-Kollektion die Veränderung – insgesamt und die der Jahreszeiten im Besonderen.

Mudança ist das portugiesische Wort für ‘Veränderung’ und in den neuen Wildling-Modellen versteckt, sodass uns diese Botschaft im wahrsten Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt begleitet. Für diesen Winter habe ich mir aus dem neuen Sortiment die wunderschöne Schleiereule rausgesucht und bin derzeit fast ausschließlich in diesem Paar unterwegs – mit dicken Socken bleiben die Füße dank Walk-Innenfutter auch bei niedrigeren Temperaturen wunderbar warm.

Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die Herkunft des Walkloden-Futters zu werfen: Es stammt nämlich von Nordwolle und von Nordwolle bin ich – genau wie von Wildling – Fan. Das liegt daran, dass nicht einfach irgendwelche Wolle irgendwo verarbeitet wird. Nordwolle verarbeitet deutsche Wolle – die normalerweise weggeworfen wird, weil sie den Feinheitsanprüchen auf dem Markt nicht genügt und nicht gut gefärbt werden kann. Die Wolle stammt von Tieren (genauer: grauwolligen pommerschen Landschafen), die in der Landschaftspflege eingesetzt werden – eine sehr alte Tradition, die mittlerweile wichtig ist für die Artenvielfalt in den betreffenden Gebieten. Denn nicht überall, wo der Mensch gemeinsam mit Tieren waltet, muss daraus Zerstörung entstehen. Manchmal findet sich die höhere Artenvielfalt genau dort, wo der Mensch eingegriffen hat.

Wildling-Modelle mit Wollanteil sind sehr strapazierfähig und werden nicht so schnell schmutzig – genau das richtige für Regen- und Matschwetter. Hier gibt es genauere Hinweise dazu, wie sie so gepflegt werden, dass sie möglichst lange halten.

Es versteht sich fast von selbst, aber: Ich freu mich schon sehr darauf, kleine, wild herumwuselnde Füßchen mit Wildlingen auszustatten.

JENNI

Wanderin im Geiste, mit der Nase im nächsten Buch, nie so ganz zuhause und doch immer da.

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