Fashion Revolution: Warum es so wichtig ist, über faire Kleidung zu sprechen

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22. April 2017

Wir sind nicht allein auf der Welt. Und doch benehmen wir uns gerne und eigentlich ziemlich regelmäßig so, als wären wir es. Kaufen und kaufen und kaufen und füllen uns die Taschen und leeren unsere Geldbeutel – auf dem Rücken anderer Menschen. Warum eigentlich?

Von Bequemlichkeit und Jägern und Sammlern

Ein Grund – und mit der wichtigste – ist sicherlich: Es ist so schön einfach. So wunderbar bequem. Geldbörse und Shopper geschnappt (vielleicht noch die ein oder andere Freundin, den Lebenspartner oder sonst einen Gefährten) am Kragen gepackt und losgepilgert am Wochenende in die Einkaufsmeilen der Städte. Oder ins Internet geklickt, noch bequemer.

Zick, zack, schon ist der Einkauf im (virtuellen) Sack.

Ein paar Stunden oder Tage später (je nach Ausgangslage) können wir unsere Schränke und Wohnungen dann mit den neu erbeuteten Dingen bestücken. Das löst Glücksgefühle aus, die Hormone fahren ursteinzeitlich asphaltierte Achterbahnen und wir fühlen uns so, als hätten wir gerade genau das Richtige getan.

Haben wir in den meisten Fällen aber nicht.

Wir haben weder uns einen Gefallen getan, noch in den allermeisten Fällen unseren Mitmenschen oder unserem Planeten (wenn wir einmal ganz pathetisch und allumfassend formulieren wollen). Denn dass Kaufen nicht so richtig glücklich macht (jedenfalls nicht langfristig), ist mittlerweile hinreichend bekannt: Unsere meisten Käufe sind entweder Spontan-, Belohnungs- oder Frustkäufe.

Und basieren damit auf emotionalem Verhalten. Die Werbung kennt die Klaviatur der Bedürfnisse des konsumgetriebenen Menschen des 21. Jahrhunderts und weiß sie blind rauf und runter zu spielen – und wir kommen gar nicht mehr so richtig hinterher mit dem Wünschen und Kaufen und Wiederwünschen und Wiederkaufen.

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Abgesehen davon, dass uns dieses Verhalten mehr oder weniger in zombieähnliche Konsummonster verwandelt (das mag uns bewusst sein oder auch nicht), ist das selbstverständlich alles andere als nachhaltig. Ressourcen werden verschwendet für unseren kurzzeitigen Kick, den wir analog zum nicht mehr anderweitig ausgelebten Jäger-und-Sammer-Trieb einigermaßen egozentrisch befriedigen zu müssen glauben.

Aber da ist noch mehr: Was ist eigentlich mit den Menschen, die diese Sachen (die wir zuerst liebevoll in den Einkaufskorb legen, später in der Wohnung oder an uns drapieren und wieder ein bisschen später entnervt in die Ecke pfeffern und gar nicht mehr schnell genug loswerden können) herstellen?

Ist so ein Konsumverhalten eigentlich fair?

Es leuchtet unmittelbar ein: Nein, das ist es nicht. Es ist – im Gegenteil – zutiefst ungerecht, unfair und menschenausbeutend. Es ist hart, sich das vor Augen zu führen, aber unser Lebensstil, dem wir so gerne fröhnen und den wir so gerne per Social Media mit der ganzen weiten Welt da draußen teilen – er beruht im Wesentlichen auf Ausbeutung.

Das betrifft so ziemlich alles, was uns alltäglich umgibt – vom PC, mit dem ich hier in die Tasten haue, angefangen, über die Decke, die mir gerade um den Schultern liegt bis hin zum Essen, das ich aus dem Kühlschrank hole. Und den Kleidern, in die ich nach dem Aufstehen schlüpfe.

Wenn wir nicht genau darauf achten, wo diese Dinge herkommen (und das bedeutet: Mühe und Zeit und Arbeit in die Beschaffung dieser Informationen zu stecken und uns mal wieder so richtig ernsthaft mit dem auseinanderzusetzen, was wir kaufen wollen), dann erwerben wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Ding, für das jemand anderes – irgendwer auf diesem Planeten, sicherlich sogar mehrere Menschen – ausgebeutet wurde.

Dieser Gedanke ist fies, aber gerechtfertigt. Und ich finde, wir sollten ihn viel öfter denken.

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Wir sollten uns vor jeder Kaufentscheidung fragen, ob das Produkt, das wir da gerade in unseren Haushalt aufnehmen wollen, eigentlich wirklich fair ist. Oder ob nicht vielleicht jemand – irgendeine Frau, ein Kind oder ein Mann auf dieser weiten Welt – dafür hat leiden müssen.

Fair Fashion Revolution

Ganz besonders gilt das bei Kleidung. Wir tragen sie jeden Tag auf unserer Haut, unserem größten Organ. Wie unsere Nahrungsmittel kann sie ein Teil von uns werden und wir definieren uns wesentlich über das, was wir anhaben.

Zu meiner Selbstdefinition gehört – seitdem ich begonnen habe, mich mit dem Thema Nachhaltigkeit im Allgemeinen zu beschäftigen -, dass ich keine konventionelle Kleidung mehr tragen möchte.

Nicht mehr für vergiftete Flüsse verantwortlich sein möchte. Oder Frauen, die mit Ach und Krach ihre Familien durchbringen können bzw. müsssen. Mädchen, denen aufgrund mangelnder Sicherheitsmaßnahmen in Textilfabriken die Hände abgehackt werden. Oder denen einfach mal das Dach auf den Kopf fällt, weil das Gebäude schon lange einsturzgefährdet ist.

Ich möchte nicht für verlorene Existenzen, kaputte Biographien, Körper und unrettbar lädierte Seelen verantwortlich sein. Das bin ich aber, wenn ich beim Discounter Kleidung kaufe.

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Wir müssen uns wieder eindringlich fragen, woher unsere Sachen kommen – in allen Bereichen des Lebens, aber auch und gerade bei unserer Kleidung. Who made my clothes? Sagt es uns! Denn wir haben das Recht, zu wissen.

Diese Herangehensweise an Konsum ist aber eine, die sowohl die Werbeindustrie als auch unsere Instinkte nicht mögen – denn sie basiert nicht auf ungesteuert-emotionalem, sondern auf relfexivem Handeln. Ich muss mich mit dem auseinandersetzen, was ich kaufen möchte – Spontankäufe beim Modeschweden fallen damit flach. Generell werden solche Impulsaktionen weniger – denn ich überlege mir genau, was ich brauche, wenn ich mir klarmache, dass an der anderen Seite der Konsumleitung jemand hart für meine Stücke gearbeitet hat.

Eine gute Gelegenheit, sich damit genauer zu beschäftigen, bietet die auch in diesem Jahr wieder stattfindende Fashion Revolution Week, in der nicht nur viele Blogger*innen, sondern Menschen aus der ganzen Welt aufstehen und fragen: Wo kommt eigentlich meine Kleidung her? Und wer hat sie unter welchen Umständen produziert?

Und dieses kollektive Aufstehen ist notwendig – ganz unbedingt! Denn nicht nur die Erfahrung, sondern mittlerweile auch die Wissenschaft hat gezeigt: Wenn wir Dinge einfach so hinnehmen, ändern sie sich nicht. Wenn wir andere Menschen nicht darauf ansprechen, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist, können sie auf der einen Seite nicht reflektieren und auf der anderen Seite (wenn es Firmen sind) ihr Produktionsverhalten nicht anpassen. Wenn kein Signal von den Konsument*innen kommt, werden die Big Player sich nicht ändern. Und genau auf die kommt es an.

Viel mehr beeinflusst das persönliche Umfeld, also Freunde und Familie, das Einkaufsverhalten. So lange die Kleidung die man kauft, im persönlichen Umfeld akzeptiert wird, so lange man keine Kritik oder negative Kommentare dafür bekommt, ist es schwierig, das Einkaufsverhalten zu ändern.Natalie Wäsch

Zeichen setzen kann man viele – im Alltag, ganz nebenbei und immer. In Gesprächen. Und im Zuge der Fashion Revolution Week, in deren Zusammenhang es viele Veranstaltungen in vielen verschiedenen Städten und Aktionen via Social Media (unter den Hashtags #fashionrevolution, #fashrev und #whomademyclothes) gibt.

Niemals in der Geschichte der Menschheit war es in einigen Teilen der Welt so einfach, so viel zu Lasten anderer Menschen zu konsumieren. Aber auch niemals war es so einfach, sich konsequent dagegen zu positionieren, einen anderen Weg einzuschlagen – und darüber zu sprechen.

Es ist dringend notwendig, dass wir die Macht der sozialen Netzwerke nutzen, um in einen großen Diskurs über das zu kommen, was eigentlich unsere Grundprinzipien sind, nach denen wir leben wollen und sollen. Und aus diesem Diskurs dann eine Geschichte zu entwickeln – eine vom Bessermachen.

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Die Fashion Revolution Week läuft vom 24.4. bis zum 30.4. – mitmachen kann jeder. Und es ist so toll, auf die eigene Frage (Who made my clothes?) in den Äther eine Antwort zu bekommen – von den Menschen, die in fairen Firmen arbeiten. Bilder gibt es hier.

Weitere tolle Artikel zum Thema:

Photo credit: Igor Ovsyannykov, unsplash

Grafik nach dem Konsummodell nach Marius de Geus

Collage in Zusammenarbeit mit Hanna Gebauer, www.future.fashion

JENNI

Wanderin im Geiste, mit der Nase im nächsten Buch, nie so ganz zuhause und doch immer da.

KOMMENTARE

[…] Einstieg in das Thema habe ich bei Jenni von Mehr als Grünzeug gelesen – nämlich, warum es so wichtig ist, über faire Kleidung zu sprechen. Einen kritischen Blick wirft Jane Wayne auf die Aktion – feiern wir uns nur alle selbst? […]

[…] Fast Fashion für die Menschen und die Umwelt bedeutet, habe ich hier schon einmal ausführlicher […]

[…] geholfen, bessere Haut zu bekommen, hat bei mir außerdem ein Umstieg auf Second-Hand und Fair Fashion. Fast Fashion (und da vor allem die sehr günstig produzierten Teile) haben bei mir oft Juckreiz […]

[…] meiner Kleiderschrank-Umstellung in Richtung Weniger-ist-Mehr und vor allem: Ecofair ist die oberste Priorität (wenn es um Neukäufe geht), habe ich nicht nur mehrfach einen Stilwandel durchgemacht, bis ich […]

[…] gutes Licht auf die vermeintlichen Extrawurst-Produkte (auf die ich ja auch im Lebensmittel- und Fashion-Bereich ausgewichen bin). Sind die betreffenden Personen allerdings entweder besonders wissbegierig im […]

[…] im Bekleidungsbereich einhergehen, sind vielfältig: Auf der einen Seite haben wir eine massenhafte Ausbeutung und Gesundheitsgefährdung vor allem von Frauen und Kindern, die in der Textilindustrie beschäftigt […]

[…] und Industrie befeuerte Ernährung eigentlich eine ökologische und ethische Katastrophe ist, genauso wie die Textilproduktion und dass eigentlich die gesamten spätkapitalistischen Konsumstrukturen der sogenannten […]

[…] von Mehr als Grünzeug beleuchtet, weshalb wir uns gerne von günstiger Kleidung und billiger Ware einlullen lassen und […]

[…] Einstieg in das Thema habe ich bei Jenni von Mehr als Grünzeug gelesen – nämlich, warum es so wichtig ist, über faire Kleidung zu sprechen. Nunu fragt uns, warum wir alle solche Idioten sind und schildert ihre Müdigkeit ob des […]

Unsere Konsumsucht ist wirklich grauenhaft und abartig… ich kann mich zwar nicht davon freisprechen und kaufe dann doch ehrlich gesagt ab und zu mal etwas, was ich am Ende weniger nutze, als ich gedacht hatte, aber ich versuche doch, nicht zu viel und vor allem nichts unnötiges zu shoppen. Eigentlich klappt das auch besser als bei den meisten anderen Menschen, da ich eher geizig bin und jetzt eh kein Geld mehr habe, weil Lebensmittel Bioqualität bei einem hohen Obst und Gemüsekonsum doch teuer sind und mein Pony natürlich eine Menge Kosten verursacht.

An die Menschen, die unter schlechter Bezahlung und miesen Arbeitsbedingungen schuften müssen, damit meine Konsumgüter (Technik, Kleidung, Essen, Bürozeug, was auch immer) günstig sind, denke ich irgendwie viel zu selten. Meist habe ich nur im Hinterkopf, wie die Umwelt verpestet und ausgebeutet wird… Ressourcen, Verschmutzung durch (Plastik-)Müll und Pestizid und andere Chemikalien – das ist mir irgendwie präsenter.

Nur bei Kleidung ist mit wirklich immer bewusst, dass da Menschen für leiden und daher habe ich auch seit ca. 1,75 Jahren keine Kleidung mehr bei den “gängigen” Läden erworben – nur noch Second Hand! Da finde ich es dann auch okay, wenn die Sachen ursprünglich nicht fair hergestellt worden sind, denn leiden mussten die Menschen ja bereits für den ersten Träger – und mit meinem Kauf des gebrauchten Teils sorge ich nur dafür, dann nicht noch ein weiterer Mensch für mich leidet und das Teil wenigstens pro “Leidensmenge” mehr getragen wird.

So – ich twittere deinen Post dann mal, um deine Botschaft zu verbreiten, denn du hast sooo Recht damit, dass wir mehr an die Fairness denken MÜSSEN!

Liebe Grüße

Liebe Tabea,

ich gebe dir absolut recht: Was da teilweise auf dem Rücken anderer Menschen, anderer Lebewesen und allgemein dem Planeten geschieht, damit wir ein Leben in Saus und Braus führen können, könnte traurige Ironie sein – wenn es nicht die Realität wäre.

Dass du schon relativ reflektiert an deine Konsumentscheidungen herangehst, weiß ich ja bereits und finde ich nach wie vor richtig gut – du tust, was in deinen Möglichkeiten liegt, und das ist absolut klasse! Mehr kann und sollte man nicht von jedem Einzelnen verlangen – denn wenn das allein getan würde, wären wir schon um ein Vielfaches weiter.

Die Umweltthematik ist aktuell ja auch im dauernden Diskurs sehr präsent – aber dabei dürfen wir nicht vergessen, dass eng mit der Umweltausbeutung eben auch die Menschenausbeutung verknüpft ist. In der Regel gehen beide Formen Hand in Hand, leider.

Auf der anderen Seite ist das auch ein Vorteil, wenn es darum geht, diese Dinge zu bekämpfen: Wenn du darauf achtest, dass du möglichst umweltschonend lebst, reduzierst du in den meisten Fällen gleichzeitig automatisch das Leiden anderer Menschen, das sonst eventuell durch beispielsweise Fast Fashion produziert würde. Da schlägt man dann (so böse kalkulatorisch das jetzt auch klingt) meist zwei Fliegen mit einer Klappe.

Second Hand ist sowieso absolut super – aber dass du so haargenau weißt, seit wann du keine Fast Fashion mehr im Direktweg konsumierst, beeindruckt mich jetzt schon sehr (1,75!). 😀

Danke dir ganz herzlich für’s Teilen!

Liebe Grüße
Jenni

So sehe ich das auch – wenn wir alle wenigstens ein paar kleine Schritte machen würden, dann wäre unserer Umwelt in der Summe schon so viel gelaufen. Und wenn wir Wohlstandsmenschen nicht so viel verschwenden würden und utopisch viel Luxus haben wollen würden, dann könnten auch alle Menschen satt und gesund leben… achja, und mit humanen Arbeitszeiten und entsprechender Bildung. Aber das ist ja alles nur Wunschdenken, weil wir eben doch alle faul und verwöhnt und unfair sind 🙁

Dass Unfairness und Umweltschädigung häufig zusammen auftreten, liegt wohl einfach an der “Billig, bitte”-Mentalität, die die Konsumenten an den Einkauf legen. Und natürlich auch an der Profitgier der Produzenten… Ich verstehe gar nicht, warum wir soweit kommen konnten, dass die Arbeit von Menschen nur wenige Euro im Monat wert ist und ihre Gesundheit sowieso gar nichts… keiner der Verantwortlichen (also sowohl Produzenten von Billigwaren als auch Konsumenten von dem Zueg) würde je selbst unter den Bedingungen ODER für den Lohn arbeiten – und in Kombination schon gar nicht. Wie kann es sein, dass uns Ausländer weniger gute Arbeitsbedingungen wert zu sein scheinen?

Also 1,75 sind halt gerade so 20 Monate… und vor ungefähr dieser Zeit war ich im Urlaub das letzte Mal Shoppen mit Freundinnen, wenn ich mich richtig erinnere. Im Alltag kaufte ich nämlich es so gut wie nie Kleidung und am Anfang von 2016 habe ich es mir dann erst bewusst vorgenommen. Bei vielen anderen Dingen weiß ich aber keinesfalls, wann ich sie geändert habe – beispielsweise seit wann Mama nur noch Bio-Milchprodukte gekauft hat oder wann wir zu den Bio-Möhren übergegangen sind.

Liebe Grüße

Liebe Tabea,

genau dieselben Gedanken mache ich mir auch häufig – und finde dann die Doppelmoral, auf die ich unweigerlich stoße, sehr erschreckend. Wir wollen das beste aller Leben haben – und anderen Menschen nicht einmal die würdige Grundversorgung zugestehen.
Das will man nicht hören und niemand sagt es laut, aber: Das sind imperialistisch-kolonialistische Zustände. Von Menschen gelebt, die sich als freidenkende Demokrat*innen verstehen.

Es muss dringend etwas passieren – hätte schon längst passieren müssen.

Liebe Grüße
Jenni

Irgendwie triffst du es auf den Punkt – wir benehmen uns noch immer wie zu den Zeiten, von denen heute im Geschichtsunterricht gelehrt wird, wie grausam all die Ausbeutung war.

Hoffen wir mal, dass das bald auch der Rest der wohlhabenden Bevölkerung merkt – nicht, dass in 100 Jahren die Menschen in der Schule lernen, was wir für Tyrannen waren. Außerdem tun mir die Leute am unteren Ende der Gesellschaft so leid… wir können uns ja alle nicht mal mehr wirklich vorstellen, wie es WIRKLICH ist, 16 Stunden zu arbeiten und trotzdem nicht das Geld für genug Essen zu haben…

Liebe Grüße

Liebe Jenni,
wie immer ein gelungener Beitrag, den ich ganz genau so unterschreiben möchte! Vor kurzem habe ich gelesen, dass jedes 5 Kleidungsstück in unseren Schränken nicht getragen wird. Verrückt, oder? Ich habe darauf hin meinen Schrank geprüft und tatsächlich alles aussortiert, was nicht getragen wird. Und das war ganz schön viel! Die Teile liegen jetzt in einer Kiste und warten darauf beim nächsten Flohmarkt eine neue Besitzerin zu finden. So hoffe ich zumindest, dass diese “fast fashion”-Teile weiterleben und jemanden erfreuen. Immerhin wurden sie so nicht umsonst produziert… Ansonsten kaufe ich immer noch nichts, und nach meiner Fastenzeit habe ich auch überhaupt keine Lust mehr darauf. Ist das nicht fantastisch?
Alles Liebe!
Julia

Liebe Julia,

ich danke dir herzlich für deinen lieben Kommentar und freue mich natürlich sehr, dass dir der Beitrag gefallen hat!

Ich bin ganz begeistert über deinen Bericht (ich habe ja zwischendruch immer mal wieder mitbekommen, dass du dich jetzt noch intensiver mit deinem Konsum auseinandersetzt) und freue mich riesig, dass du inspiriert wurdest, deinen Kleiderschrank (das ist ja doch teilweise schon harter Tobak) mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Das mit den vielen ungetragenen Kleidungsstücken kenne ich auch immer noch sehr gut – obwohl ich schon massig aussortiert habe. Aber bei meiner Wohlfühlgaderobe bin ich immer noch nicht angelangt – aber gut Ding will Weile haben, und das ist auch vollkommen okay so. Währenddessen verkaufe ich die Kleidungsstücke aus den zwei Umzugskartons im Keller ebenfalls nach und nach – was da teilweise für Sünden bei sind! 😀

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg beim Reduzieren, Erden und Getragene-Sachen-Wiederbeleben!

Liebe Grüße
Jenni

Ein sehr kluger und gut geschriebener Beitrag, vielen Dank.
Ich glaube, ein sehr bedeutender Grund ist auch hier (wie oft), dass es halt ‘alle’ tun. Ungute Gefühle lassen sich leicht wegdrücken, wenn die Leute aus der eigenen peer group, KollegInnen, FreundInnen, Rollenvorbilder sich entsprechend verhalten.
Gerade deshalb finde ich dein Argument wichtig: nachfragen und drüber sprechen. Auch wenn man dann genervte Augendreher kassiert oder (besonders typisch) alle anderen plötzlich versuchen, im eigenen Leben herumzustochern und einem Inkonsequenz vorzuwerfen…

Liebe Grüße!!

Liebe Christiane,

vielen Dank dir für deine lieben Worte – es freut mich sehr, dass der Beitrag dir gefallen hat!

Und ich bin ganz bei dir: Je öfter und je mehr man darüber spricht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, doch bei anderen Menschen Gehör zu finden – indem man das Verhältnis von “das-machen-ja-alle” einfach umdreht: Wenn auf einmal alle über Fair Fashion sprechen und schreiben, ist der Druck größer, sich endlich auch einmal damit auseinanderzusetzen. Hoffen wir, dass der Punkt irgendwann erreicht ist – wir sind auf dem besten Weg! 🙂

Liebe Grüße
Jenni

Liebe Jenni,
ich hab ausgehend von der Diskussion hier noch einmal nachgedacht.
Ich kaufe fast alle meine Kleidung secondhand. Das spart Müll und Ressourcen, es setzt ein Zeichen gegen eine völlig aus dem Ruder gelaufene Konsumkultur, und nebenbei spart es mir praktischerweise auch noch einen Haufen Geld, sodass ich da, wo ich neu kaufe, auf faire Qualität achten kann und nicht so sehr auf den Preis (den Qualität in diesem Sinn nun einmal hat).
Die secondhand-Teile, die ich kaufe, sind aber zu großen Teilen die übliche Massenware, von der ich annehmen muss, dass sie unter inakzeptablen Bedingungen produziert wurden. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr habe ich ein ungutes Gefühl damit. Ist es in Ordnung, wenn ich einen gebraucht gekauften Pulli aus nicht-zertifizierter Herstellung gerne trage, ihn schick finde, mich darin wohl fühle…? Bin ich nicht himmelschreiend inkonsequent, weil ich gewisse Marken neu nie im Leben kaufen würde, im Secondhandshop aber gerne zu diesen greife, weil ich zB weiß, dass mir die Schnitte gut stehen oder die Teile erfahrungsgemäß lange halten?

Schließlich würde ich auch kein Fleisch aus einem foodsaving-Projekt essen – selbst dann nicht, wenn ich wüsste, dass es dann unweigerlich in der Mülltonne landet. Es widerspräche meinem Grundsatz und käme mir irgendwie … pietätlos? vor.

Ich bin hier echt gerade ein bisschen ratlos.
Liebe Grüße, Christiane

Liebe Christiane,

ich muss vorausschicken: Ich finde es klasse, wie differenziert du dir Gedanken machst um dieses Thema, das sicherlich alles andere als ein einfaches ist! Allein das ist schon so unglaublich viel wert!

Ich kann deinen Gewissenskonflikt total verstehen, ganz ehrlich.
Second-Hand-Sachen zu kaufen, die man sich im Neuzustand niemals kaufen würde, um die entsprechenden Marken nicht noch zusätzlich zu unterstützen, ist schon ein kniffliges Ding – und ich glaube, die abschließende und richtige Antwort im Sinne von ethisch absolut vertretbar gibt es nicht.

Ein paar Überlegungen von mir dazu sind beispielsweise folgende:

– Wenn du das Second-Hand-Teil kaufst, sparst du nicht nur dein Geld, sondern eine Menge Ressourcen. Das Teil ist ja schon produziert worden – da ist es nur gerechtfertigt, wenn es (so schlimm die Ausgangslage auch ist) so lange wie möglich im Konsument*innenkreislauf gehalten wird. Denn der Nutzen von dem, was bereits da ist, spart immer am meisten Ressourcen. Auch faire Kleidung verbraucht Energie, Material, Zeit, Geld, Arbeitskraft.

– Wenn es aktuell nicht im Rahmen deiner Möglichkeiten liegt, fair und neu zu kaufen (am perfektesten wäre natürlich Fair und Second Hand), bringt es doch gar nichts, sich selbst und den eigenen Geldbeutel mehr zu kasteien als nötig, oder?

– Auf der anderen Seite: Ja, wenn ich mir einen Pulli second hand kaufe, auf dem fett ein Markensymbol einer Firma abgebildet ist, die ich eigentlich nicht unterstützen möchte, dann ist das ein wenig kontraproduktiv – denn ich laufe gewissermaßen Werbung für diese Firma, trotz allem. Wenn ich Second Hand kaufe, achte ich daher immer darauf, dass Markenlogos nicht unbedingt auffällig zu sehen sind.

– Ein weiteres Argument dagegen wäre außerdem, dass man mit dem Kauf von Second Hand auf einschlägigen Plattformen wie Kleiderkreisel oder dem örtlichen Flohmarkt ja eigentlich nur indirekt den Konsum von mehr Fast Fashion anregt – denn diejenigen, denen du die “alten” Teile abkaufst, werden in der Regel wieder bei den großen Konzernen einkaufen, um ihren Kleiderschrank aufzustocken – und nicht bei fairen Labels oder ebenfalls Second Hand (jedenfalls darf man bei der Mehrheit davon ausgehen). Das ist auch ein Faktor, den man berücksichtigen sollte, denke ich.

Ich glaube, am Ende macht es doch der Mix, wenn ich ehrlich bin.
Ich kaufe immer mal wieder Second Hand, aber auch neu und fair – das kommt immer auf meine persönlichen Wünsche, meinen Kontostand und das Teil an, das ich gerade benötige. Theoretisch kann man alles Second Hand bekommen – das wäre das Ökologischste, denke ich. Aber wäre es auch das Fairste?
Mit meinem Geld unterstütze ich daher gerne Firmen, die es erklärterweise anders machen und faire Arbeitsbedingungen leben und auf Nachhaltigkeit setzen – denn nur, wenn das Zeichen gesendet wird, dass diese Labels im Kommen und gefragt sind, kann sich am anderen Ende auch etwas tun, davon bin ich überzeugt.

Es ist ein Gratwandeln, wie so oft. Aber ich hoffe, meine Überlegungen konnten dir vielleicht schon für deine eigene Entscheidungsfindung ein wenig weiterhelfen. 🙂

Liebe Grüße!
Jenni

Hallo Jenni,
danke für die ausführliche Antwort – das hilft mir tatsächlich noch einmal beim Denken.
Klamotten mit gut erkennbaren Markennamen oder -symbolen mit nicht zusagender Firmen meide ich auch, ja…
Hab einen sonnigen Tag!

Liebe Jenni,

Wieder mal ein wunderschöner Beitrag, der mir aus der Seele spricht. Genau aus diesen Gründen habe ich vor über einem Jahr dieselbe Entscheidung getroffen, keine konventionelle Kleidung mehr zu konsumieren und auf eine faire Herkunft zu achten, wo und wann immer mir das möglich ist. Ich hatte erst gestern zufällig ein sehr spannendes Gespräch mit einer Verkäuferin, die einen kleinen Interior-Laden hat, in dem sie fast nur Produkte aus Europa anbietet und der diese Dinge ebenfalls sehr wichtig sind. Ich werde sie heute wieder besuchen und ein lang gewünschtes Second Hand Gläser-Set kaufen, das ich dort entdeckt habe. Wir haben uns lange unterhalten und sind zu demselben Schluss gekommen: Es geht insgesamt noch immer in die komplett falsche Richtung in unserer Gesellschaft und man muss mehr Menschen erreichen, die noch nie an die eventuellen Folgen ihres Konsums gedacht haben. Sie war sich sehr unsicher, ob sie da überhaupt etwas erreichen kann. Aber allein schon, wenn sie Kunden gegenüber erzählt, wo ihre Stücke herkommen und dass sie fair produziert wurden, löst das (hoffentlich) in den meisten eine Überlegung aus. Und ich versuche, Menschen mit meinem Blog zu erreichen. Genau wie du. Man muss daran glauben, etwas verändern zu können. Vielleicht kann ich sie heute doch davon überzeugen, dass unsere Einstellung etwas hilft. 😀

Liebe Grüße,
Laurel

Hallo Laurel,

ich freue mich sehr, dass dir der Beitrag so gut gefällt und wir da auf jeden Fall in eine gemeinsame Richtung arbeiten und sehr ähnlich denken (etwas anderes hatte ich auch gar nicht erwartet, wenn ich ehrlich bin 😉 ).

Dass du auch im alltäglichen Leben mit den Menschen diesbezüglich ins Gespräch kommst, finde ich richtig klasse – das versuche ich auch andauernd, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Manchmal klappt das gut und die Leute sind interessiert und engagiert – manchmal stößt man allerdings auch auf Menschen, denen das Thema sehr egal ist (leider).
Toll, dass du da aktuell so eine schöne Erfahrung hast sammeln können!

Ich bin ja der Überzeugung, dass gute Geschichten nicht oft genug erzählt werden können – je öfter, desto präsenter bleiben sie. Und vielleicht regt das dann auch zum Nachdenken an.

P.S.: Ich hoffe, du hast deine ersehnten Gläser bekommen? 🙂

Liebe Grüße
Jenni

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