Die Fastenzeit 2020 steht vor der Tür (am 26. Februar geht es los) und obwohl ich eigentlich so überhaupt nicht religiös bin, mache ich in diesem Jahr mit und versuche, während der 6 Wochen bis zum Gründonnerstag wie viele andere Menschen auch, vor allem aus Gründen der Reflexion auf etwas zu verzichten. Ausgesucht habe ich mir: Plastik.

Plastikfasten: Worum es geht

Ausschlaggebend war für mich der Hinweis von der Deutschen Umwelthilfe, die aktuell eine Aktion zum Verpackungsfasten in der Fastenzeit laufen hat und mich dazu einlud, mitzumachen. #verpackungsfasten

Bei mir fallen nicht mehr sonderlich viele Verpackungen an (mein Weg zu weniger Müll könnt ihr hier und hier nachlesen), aber im Laufe der Zeit habe ich herausgefunden, dass Zero Waste nicht so einfach umsetzbar ist, wie ich mir das am Anfang gedacht hatte – und gemerkt: Die Reise ist eine mit Fort- und Rückschritten. Weniger eine gerade Linie als eine Sinuskurvenschlange. Es geht aufwärts und dann wieder abwärts und manchmal bleibt das Tief eine längere Weile bestehen als man das vorgehabt hatte und das ist auch okay.


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Es geht nicht um Perfektion – 100% Zero Waste schaffen die Wenigsten, die einen einigermaßen durchschnittlichen Alltag leben – und man muss zugeben: Der Aufwand ist vor allem zu Beginn höher als einfach den gewohnten Lebensstil weiterzuleben (was nachvollziehbar ist, schließlich müssen viele eingefahrene Gewohnheiten umgestellt werden). Das Ganze erfordert also Energie – und wir alle haben eine begrenze Menge davon.

Manchmal dann doch zum abgepackten Energieriegel zu greifen, obwohl man natürlich weiß, dass man ihn ziemlich einfach hätte selber machen können und dabei dann auch noch Geld gespart hätte, ist normal. Genauso, wie Sojajoghurt und Tofu abgepackt zu kaufen, weil die unverpackten Angebote rar bis nicht vorhanden sind und man die Extrawege nicht immer in den eigenen Alltag integrieren kann.

Das sind Beispiele aus meinem Leben und ich bin da im Laufe der letzten Monate deutlich gelassener und entspannter mir gegenüber geworden. Zum einen, weil ich gemerkt habe, dass ich allein nicht die Last des Plastikwahnsinns auf meinen Schultern tragen muss, weil das System mir ein alternatives Leben nach wie vor verdammt schwer macht.

Das befreit mich aber nicht von meiner Individualverantwortung, so viel zu tun, wie ich kann (und in meiner Position ist das eine Menge). Das gilt übrigens auch für andere Themen, nicht nur Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Feminismus, Arbeit gegen Rassismus, für Inklusion und soziale Gerechtigkeit sind Felder, auf denen sich vor allem diejenigen betätigen sollten, denen die entsprechenden Ressourcen (Geld, Zeit, Energie, Bildung, Kontakte, Reichweite) zur Verfügung stehen. Jede*r Einzelne macht am Ende den Unterschied.



Nicht perfekt, aber ehrlich

Zurück zum Plastikfasten: Ich habe also gemerkt, dass ich schon ziemlich gut darin bin, Verpackungen und insbesondere Plastikverpackungen zu vermeiden – dass es aber noch einen Ticken besser werden könnte und ich in der letzten Zeit ein bisschen großzügiger mir gegenüber geworden bin als ich das eigentlich für gut befinde.

Das Verpackungsfasten von der Deutschen Umwelthilfe nehme ich darum als willkommenen Anlass, vor allem Plastik zu fasten – nicht perfekt auf jede Verpackung zu verzichten, denn ich glaube, das würde den Druck und den Stress zu groß werden lassen.

Aber wieder genauer hinzuschauen und mich zu fragen: Brauche ich das jetzt wirklich oder kann ich auf die abgepackte Schokolade verzichten? Kann ich auch morgen und übermorgen verzichten? Und ein paar Tofu die Woche weniger kaufen? 

Ich versuche, so ehrlich mit mir wie möglich zu sein: Wann will ich etwas aus Gewohnheit haben und wann freue ich mich richtig darauf und schätze das Produkt / das Lebensmittel darum automatisch umso mehr?


Schritt 1: Bestandsaufnahme

Um ein bisschen Struktur in die Angelegenheit Plastikfasten zu bekommen, habe ich etwas getan, was man ohnehin zwischendurch immer mal wieder tun sollte: Ich bin meine Küchenschränke durchgegangen und habe geschaut, was da eigentlich so alles drinsteht.

  • Welche Lebensmittel habe ich schon da, wie viel ist womöglich doppelt? Und was brauche ich also die nächste Wochen erstmal nicht nachzukaufen?
  • Welche Lebensmittel sind abgepackt und warum sind sie das? Wie haben sie den Weg in die Küche gefunden und brauche ich das wirklich in der abgepackten Form?
  • Welche Alternativen gibt es und wo bekomme ich sie her?
  • Wie viel zusätzlichen Aufwand bedeutet es, mir diese Alternativen nach dem Aufbrauchen der abgepackten Lebensmittel zu besorgen?
  • Kann ich womöglich ganz drauf verzichten?

Aus dem Regal sind ein paar Produkte gepurzelt (die natürlich nach ganz hinten gewandert waren), von denen ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie besitze: Meeresalgenpulver, Proteinshakes, exotische Tees, ziemlich viele doppelte Gewürze und kleine Backpulverpackungen. Könnte man mal aufbrauchen und Tee brauche ich also demnächst auch nicht mehr zu kaufen.



Schritt 2: Einen Plan haben

Als nächstes brauche ich einen Plan: Was sind meine aktuellen Bereiche, an denen ich beim Plastikfasten Verpackungen sparen kann und wie mache ich das?

Zu dem Zweck der Selbsteinschätzung kann man auf der Website der Umwelthilfe einen kurzen “Verpackungstypen”-Test machen und sich für zukünftige Tipps per Mail in einen Newsletter eintragen (wenn man denn möchte).

Die Frage, die man sich stellen sollte, ist auch: Was genau will ich fasten? “Nur” Einwegplastik-Verpackungen oder Verpackungen allgemein – also auch die Papiertüte, Blechdosen, Aluverpackungen?

Für mich persönlich ergibt es Sinn, auf alle Einwegverpackungen zu fasten – schließlich ist ihre kurze Lebensdauer das große Problem (eine Plastiktüte hat nur eine Gebrauchsspanne von rund 20 Minuten, bevor sie im Müll landet und wird deswegen Gott sei Dank bald verboten).

Ich fokussiere mich in meinem Fasten dennoch auf Plastik, weil da bei mir der vergleichsweise “meiste” Müll anfällt, nach wie vor.  Papier und andere Materialien habe ich aber dennoch im Blick – denn nicht zuletzt Papier und Pappe sind extrem unterschätzt, was den Einwegkonsum und die Folgen für die Umwelt und den Planeten angeht.

Meine Bereiche, in denen ich sparen möchte:

  • Riegel für unterwegs: Wenn ich lange mit dem Zug fahre (was aktuell häufiger der Fall ist), habe ich mir angewöhnt, unterwegs abgepackte, rohvegane Riegel zu kaufen. Die sind zwar höchst verantwortungsvoll hergestellt, bio und fair und so weiter – aber deswegen immer noch abgepackt. Ich könnte entweder Bliss Balls selber zuhause vorbereiten oder mit für unterwegs Brote einpacken oder ein Brötchen oder Brot auf die Hand kaufen.
  • Tofu und Sojajoghurt: Ich liebe beides und konsumiere, muss ich zugeben, ziemlich viel davon. Beide Produkte haben mir den Einstieg in die vegane Ernährung extrem erleichtert (vorher habe ich einen 500g-Becher Joghurt, also den tierischen, jeden Tag gegessen) und ich möchte beides nicht missen. Dennoch: Plastik. Ich weiß, dass es Tofu im Asialaden und im Unverpacktladen unverpackt gibt, aber meine Wege führen mich derzeit eher seltener dort vorbei, weil die Grundausstattung (Bohnen, Reis, Nudeln und Co.) gut gesichert und das Gemüse unverpackt aus der Biokiste vom Nachbardorf kommt. Ich möchte eine Mischung ausprobieren – weniger abgepackt kaufen und öfter im Unverpacktladen vorbeischauen und den Tofu dort kaufen. Den Joghurt habe ich öfter mit Kulturen versucht selber zu machen – aber mich überzeugte das Ergebnis nie, egal, ob ich mit Agar Agar nachhalf oder mit welchen Kulturen ich auch experimentierte. Da stand mir der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ergebnis. Also auch hier bedeutet Plastikfasten für mich: vor allem weniger kaufen. Das habe ich in den letzten Monaten schon umgesetzt und kaufe nur noch den Naturjoghurt und -Quark von Sojade, nicht mehr zusätzlich die gesüßten und die Sorten mit Früchten.
  • Schokolade: Kaufe ich fast immer abgepackt derzeit (Vego!), könnte ich aber genauso gut unverpackt im Bruch kaufen. Und dann eben erst wieder nachkaufen, wenn ich im Unverpacktladen bin und nicht jeden dritten Tag, wenn mir danach ist. Bei Gummibärchen habe ich diese Regel im Laufe des letzten Jahres eingeführt und sie funktioniert hervorragend.


Das klingt doch machbar

Das sind die drei Bereiche, bei denen bei mir am meisten Müll anfällt. Und wenn ich mir das so anschaue, ist die Umsetzung hin zu weniger Verpackung eigentlich ganz gut machbar, finde ich. So dramatisch, wie sich Plastikfasten zuerst angehört hatte, klingt es jetzt gar nicht mehr, nachdem ich mir überlegt habe, wie genau ich die einzelnen Punkte angehen kann.

Und mir vor allem erlaube, Fehler zu machen und nicht perfekt zu verzichten. (An Perfektionismus arbeite ich mich sowieso seit ewig ab.) 

Welche Art der Verpackung und wie “stark” sie gefastet wird, hängt von eurer individuellen Präferenz und eurem aktuellen Stand in Bezug auf Plastikfasten oder Verpackungsfasten generell ab – von Null auf Hundert würde ich in den seltensten Fällen empfehlen, das führt häufig zu Überforderung und damit fast automatisch zu Frustration und Ichkanndassowiesonicht-Gefühlen. Lieber Schritt für Schritt, dafür im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig.

Die Umwelthilfe gibt folgende Anreize für Verpackungen, die (auf einmal, nur ein paar ausgewählte oder nur eine) gefastet werden können:

  • Einweg-Plastikflaschen (Ersatz: Mehrweg-Flasche)
  • Getränkekartons (Milchalternativen selber machen)
  • Kaffeekapseln (Kaffee per Hand aufbrühen mit Kaffeepulver / Espressokocher)
  • Obst- und Gemüse-Umverpackungen (lose kaufen)
  • Joghurtbecher (weniger oder Joghurt selber machen)
  • Plastiktüten (Mehrwegbeutel / Rucksack)
  • Coffee-to-go-Becher (Coffee to stay / Mehrwegbecher)
  • Food-Boxen (Bento-Boxen / Edelstahldosen kaufen)
  • Duschgel- und Flüssigwaschmittelflaschen (feste Seife, Waschmittel unverpackt kaufen oder selber machen / Kastanie, Efeu)


Es muss nicht immer neu sein

Für den Fall, dass ihr ganz am Anfang steht mit der Umstellung auf weniger Verpackungen und den Eindruck habt, für das Plastikfasten alles auf den Kopf stellen zu müssen: Macht nicht den Fehler und kauft alles neu. 

Ich habe das am Anfang so gemacht und mich von den Bildern mit den fancy leeren Gläsern auf Instagram verlocken lassen, alle Gläser neu zu kaufen und generell in eine Zero-Waste-Ausstattung zu investieren, von der ich nicht unbedingt jedes Teil gebraucht hätte, wenn ich ehrlich bin.

Was ich heute empfehle:

  • Gläser kann man super über Ebay Kleinanzeigen erwerben. Irgendjemand verkauft immer einen ganzen Stapel davon. Alternativ gibt es in den meisten Unverpacktläden Boxen mit Gläsern von Kund*innen, die kostenlos mitgenommen werden können. Dasselbe gilt für Jutebeutel.
  • Auch alte Boxen und Container, die ihr schon im Haushalt habt, müsst ihr nicht unbedingt wegwerfen. Das Nachhaltigste ist immer noch, alles so lange zu verwenden, wie es geht. Und wenn euch der Gedanke der Tupperdose mit Essen drin aus gesundheitlichen Gründen nicht behagt, findet man für diese Dose mit Sicherheit andere Verwendungsmöglichkeiten (Lagerung von Garn, Pflanzentopf etc.).
  • Überlegt euch, was ihr für euren individuellen Alltag und eure Routinen braucht, bevor ihr irgendwas an Ausstattung neu kauft. Brauchst du drei Bento-Boxen mit Spork, den Espressokocher, die wiederverwendbare Snacktüte, den Pfandbecher, den Kaffeebecher mit dem schönen Druck drauf und eine Glasflasche, zwei Edelstahlflaschen und eine Kupferflasche? Oder reicht weniger davon? Was benutzt du zu welchen Zwecken?
  • Rumfragen: Hat jemand aus der Verwandtschaft oder dem Freundeskreis noch gerade das übrig, was ich brauche?
  • Wenn das nicht der Fall ist, kann auch hier wieder gebraucht eine Option sein. Alternativ empfehle ich auch immer wieder den Shop für faire und nachhaltige Produkte mit kleinen Macken: Mit Ecken und Kanten begleite ich quasi seit der Gründung und bin sehr überzeugt von dem Konzept und mehr als zufrieden mit meinen bisher bestellten Produkten.


Plastikfasten dokumentieren und teilen

Ich muss gestehen: Ich bin sehr motiviert, das Verpackungsfasten und im Speziellen das Plastikfasten anzugehen. Es ist das erste Mal, dass ich das in einem so ritualisierten Rahmen wie der traditionellen Fastenzeit mache und ich bin gespannt auf meine Erfahrungen.

Mein Plan ist, jede Plastikverpackung genau zu dokumentieren, die in diesen Wochen anfällt – das geht leicht mit einem neuen Gelben Sack, den ich zu diesem Zweck anfange. Ich bin gespannt, wie viel am Ende enthalten sein wird – wobei ich mir, wie erwähnt, nicht den Druck mache, es sollte möglichst gar nichts sein. Das wäre natürlich schön und erstrebenswert, aber ich werde das nicht übers Knie brechen.

Wenn ihr auch mitmachen möchtet, könnt ihr unter dem Hashtag #verpackungsfasten eure Fortschritte, Erfahrungen und Struggles mit der Deutschen Umwelthilfe teilen (ich werde das auch machen und zusätzlich noch #plastikfasten verwenden). 

Außerdem überlege ich, welche Tipps und Strategien, die ich mir im Laufe der letzten Jahre angeeignet habe, um weniger Verpackungsmüll zu produzieren, ich teilen kann (hier und vor allem auf Instagram). Falls ihr dazu Anregungen habt, schreibt mir gerne in die Kommentare, ich bin gespannt!

Was fastet ihr in der aktuellen Fastenzeit und wie seid ihr darauf gekommen? Macht ihr mit beim Plastikfasten?


Hinweis: Dieser Beitrag wurde nicht gesponsort, ich finde die Aktion von der Umwelthilfe einfach extrem sinnvoll und möchte sie deshalb unterstützen (weil sie auch mir hilft, wieder den Popo ein bisschen hochzukriegen). 

JENNI

Wanderin im Geiste, mit der Nase im nächsten Buch, nie so ganz zuhause und doch immer da.

KOMMENTARE

[…] #plastikfasten läuft vergleichsweise gut, trotz allem. Aufgrund der aktuellen Situation rund um Corona habe ich […]

Plastikfasten finde ich super. Besonders, dass du Anleitungen mitlieferst wie wir das alles noch ein bisschen besser umsetzen können. Alles macht man leider nie, aber ich habe mir bspw. vorgenommen meinen Joghurt ab jetzt selbst zu machen. Das war bisher ein grosser Faktor in meinem Plastikverbauch. Danke.

Liebe Anna,
ich danke dir für deine Rückmeldung – es freut mich sehr, dass der Artikel dir ein wenig Inspiration mit an die Hand geben konnte. 🙂

Veganen Joghurt habe ich auch schon öfter selbst gemacht – aber leider war ich bisher noch nie so richtig mit der Konsistenz zufrieden, egal, welchen Weg ich ausprobiert habe. Entweder wurde er zu sehr wie Wackelpudding oder zu sehr wie Kefir. Beides auch sehr lecker, aber leider nicht so gut wie der (immer noch meistens) abgepackte Sojajoghurt meiner Lieblingsmarke.

Ich hoffe, du hast mehr Erfolg und drücke dir die Daumen!

Liebe Grüße
Jenni

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